Leitsatz

Bei der Prüfung, ob der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten ist, sind Unterhaltsleistungen des verheirateten Kindes an seinen Ehepartner nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

K erhielt für seinen seit 1998 verheiraten, studierenden Sohn S zunächst Kindergeld. Die Familienkasse hob dessen Festsetzung für 2002 auf, da das "Einkommen" des S den Grenzbetrag überschritten hatte. Einspruch, Klage und Revision, womit K geltend machte, der Grenzbetrag werde unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht des S gegenüber dessen Ehefrau nicht erreicht, blieben erfolglos.

 

Kommentar

Praxishinweis

Eltern eines verheirateten Kindes haben nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keinen Anspruch auf Kindergeld, weil dessen Ehegatte vorrangig zum Unterhalt verpflichtet ist und daher kein Bedarf für eine Entlastung der Eltern per Familienleistungsausgleich besteht. Dem Gesetz lässt sich diese Einschränkung jedoch nicht entnehmen. Eine typische Unterhaltssituation ist kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 32 Abs. 4 EStG. Deshalb hat der BFH den Ausschluss vollzeitbeschäftigter Kinder aufgegeben. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Benachteiligung der Eltern verheirateter Kinder kaum noch rechtfertigen.

Diese Einschränkung hat jedoch nur geringe praktische Bedeutung, weil verheiratete Kinder in Mangelfällen weiter berücksichtigt werden. Ein Mangelfall liegt vor, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes samt Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Grenzbetrag nicht überschreiten. Unterhaltsleistungen unterstellt der BFH dabei in. H.d. Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes, soweit dem Ehepartner ein verfügbares Einkommen i.H.d. steuerrechtlichen Existenzminimums bleibt.

Im Besprechungsurteil ging es nicht um die bereits entschiedene Frage, in welcher Höhe Unterhaltsleistungen als Bezüge des Kindes anzunehmen sind. Es ging vielmehr darum, ob das besser gestellte Kind seinen an den einkunftslosen Ehegatten geleisteten Unterhalt abziehen kann. Der BFH hat dies abgelehnt:

  • Einkünfte und Bezüge dürfen zwar nur angesetzt werden, wenn sie zum Bestreiten des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Gekürzt werden sie aber nur um gesetzlich geschuldete Sozialversicherungsbeiträge und diesen entsprechende Aufwendungen, z.B. für eine private Krankenversicherung.
  • Unterhalt ist nur Verwandten in gerader Linie zu gewähren. Eltern müssen daher nur ihr eigenes Kind unterstützen, nicht aber dessen bedürftigen Ehepartner. Der zivilrechtliche Anspruch des Kindes gegenüber den Eltern erhöht sich durch die Unterhaltspflicht gegenüber dessen Ehegatten nicht. Daher bedarf es auch keiner Entlastung von Eltern, wenn die Einkünfte ihres verheirateten Kindes den maßgeblichen Grenzbetrag überschreiten.
 

Link zur Entscheidung

BFH, 07.04.2011, III R 72/07.

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