Leitsatz

Ein ohne Betriebsaufgabeerklärung parzelliert verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb wird nicht dadurch mit der Folge einer Zwangsbetriebsaufgabe zerschlagen, dass der Verpächter nach einem Brandschaden die mitverpachteten Wirtschaftsgebäude nicht wieder aufbaut, sondern die landwirtschaftlichen Nutzflächen nach Auflösung der ursprünglichen Pachtverträge erneut verpachtet und die Hofstelle veräußert.

 

Sachverhalt

Der Kläger bewirtschaftete bis März 1987 einen Milchviehbetrieb, veräußerte danach die Milchlieferrechte, gab die zugepachteten Flächen (8,5 ha) zurück und verpachtete die Hofstelle samt bis dahin selbst bewirtschafteten Eigentumsflächen (ca. 13,9 ha). Nachdem im November 1992 fast alle Gebäude abgebrannt waren, wurde der Pachtvertrag vorzeitig aufgelöst und die zerstörte Hofstelle für 40 000 DM veräußert; die restlichen Flächen wurden als Stückländereien verpachtet. Die Versicherung zahlte eine Entschädigung von 228 920 DM.

Nach vorheriger Schätzung ermittelte das Finanzamt für das Wirtschaftsjahr 1992/93 einen Gewinn von 228 000 DM und erließ entsprechende Steuerbescheide. Der Kläger beantragte nach Ablauf der Einspruchsfrist, diese zu ändern, damit der Aufgabegewinn begünstigt besteuert werde. Dies lehnte das Finanzamt ab. Die Klage, mit der der Landwirt neben der begünstigten Besteuerung des Aufgabegewinns die Berücksichtigung eines Freibetrages von 90 000 DM nach § 14a Abs. 1 und 3 EStG anstrebt, hatte weder vor dem FG noch vor dem BFH Erfolg.

 

Entscheidung

Unstreitig hat der Kläger seinen Betrieb weder anlässlich der Verpachtung im Jahre 1987 noch nach dem Untergang der Hofgebäude durch eine ausdrückliche oder auch nur konkludente Erklärung aufgegeben. Der Kläger hat seinen landwirtschaftlichen Betrieb, wenn auch in anderer Form, bis zum Untergang der Hofgebäude bzw. der Veräußerung der abgebrannten Hofstelle fortgeführt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bereits im Jahr 1984 einen Teil seiner Flächen an einen anderen Landwirt verpachtet hatte und der Betrieb nur im Wege der parzellenweisen Verpachtung aufrechterhalten wurde.

Auch der Antrag, den "Aufgabegewinn" im Wirtschaftsjahr 1992/93 begünstigt zu besteuern, kann nicht als eine auf den Zeitpunkt des Brandschadens zurückwirkende Betriebsaufgabeerklärung gewertet werden. Eine rückwirkende Erklärung der Betriebsaufgabe ist nicht möglich[1].

Weder die Zerstörung der verpachteten Hofgebäude noch die spätere Veräußerung der Hofstelle führte zu einer Zwangsbetriebsaufgabe. Die Zerstörung der Gebäude und die darauf vorgenommene vorzeitige Auflösung des 1987 abgeschlossenen Pachtvertrags bewirkten allenfalls eine kurzzeitige Betriebsunterbrechung. Beabsichtigt der Steuerpflichtige bei Einstellung seiner werbenden betrieblichen Tätigkeit, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, so dass der stillgelegte und der eröffnete Betrieb als identisch anzusehen sind, so liegt eine nicht als Betriebsaufgabe zu beurteilende Betriebsunterbrechung vor, die deshalb auch nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt. Diese Grundsätze gelten auch für einen Verpachtungsbetrieb[2]. So ist es im Streitfall mit der erneuten Verpachtung der Stückländereien tatsächlich auch geschehen.

Ebenso führte die Veräußerung der Hofstelle nicht zu einer Zwangsbetriebsaufgabe. Der Senat hat bereits deutlich gemacht, dass es schon immer land- und forstwirtschaftliche Betriebe ohne Hofstelle gab, es namentlich bei der Bewirtschaftung von Stückländereien keiner Hofstelle nicht bedarf und dass die Betriebsverpachtungsgrundsätze auch dann anzuwenden sind, wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet wird[3]. Ist eine Hofstelle keine unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, so kann auch deren Veräußerung nicht zu einer Zwangsaufgabe eines kurzzeitig unterbrochenen oder verpachteten Betriebs führen. Infolge der Veräußerung (oder Entnahme) eines einzelnen Wirtschaftsguts aus dem unterbrochenen Betrieb entfallen nicht die Voraussetzungen für die Fortführung der vom Verpächter getroffenen steuerlichen Wahl[4].

 

Praxishinweis

Der BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung[5], dass eine Betriebsaufgabe im Bereich der Land- und Forstwirtschaft auch bei verpachteten Betrieben nur dann anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Aufgabewillen unmissverständlich gegenüber dem Finanzamt durch Abgabe einer Aufgabeerklärung zum Ausdruck bringt.

Zudem weist der BFH darauf hin, dass der möglicherweise "nicht oder unzureichend beratene Kläger" einen auf die versagte Steuerbegünstigung beschränkten Billigkeitserlass beanspruchen könnte, was aber nicht Gegenstand des Verfahrens war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.06.2003, IV R 61/01

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