Leitsatz

Ein Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG für ein behindertes Kind kann nicht nach § 33b Abs. 5 EStG auf einen im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Elternteil übertragen werden, wenn das Kind im Ausland außerhalb eines EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaats seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat und im Inland keine eigenen Einkünfte erzielt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22.11.1995, I R 6/91, BStBl II 1997, S. 20).

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist Vater einer bei seiner geschiedenen Ehefrau in Tschechien lebenden, zu 100 % behinderten Tochter. Er beantragte bei der Einkommensteuerveranlagung 1997 die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags von 7200 DM auf sich. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, der Tochter stehe kein Pauschbetrag zu, den sie auf den Vater übertragen könne. Denn sie sei, da sie im Ausland lebe, weder unbeschränkt steuerpflichtig noch, da sie keine inländischen Einkünfte habe, als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln. Die von der Verwaltung aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen anerkannte erweiterte Übertragungsmöglichkeit nach R 194 Abs. 3 EStR für den Fall, dass ein Kind in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaat lebe, könne nicht weiter ausgedehnt werden.

 

Entscheidung

Die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags auf die Eltern bzw. einen Elternteil setzt voraus, dass das Kind selbst einen Anspruch auf diesen Pauschbetrag hat. Der Behinderte muss "Steuerpflichtiger" sein. Da § 33b EStG nach § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG auf beschränkt Steuerpflichtige nicht anwendbar ist, hat nur ein unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandelnder Behinderter Anspruch auf den Behinderten-Pauschbetrag. Da die Tochter weder einen Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat noch inländische Einkünfte bezieht, ist sie nicht unbeschränkt steuerpflichtig, sodass ihr der Behinderten-Pauschbetrag nicht zusteht. Dieser konnte daher auch nicht auf den Vater übertragen werden. Eine erweiternde Gesetzesauslegung in dem Sinne, dass die Tochter als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig anzusehen sei, lehnt der BFH ab. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung, nämlich dass die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde, liegen nicht vor. Auch gemeinschaftsrechtliche Gründe führen zu keiner anderen Beurteilung, da die Tschechische Republik im Streitjahr 1997 noch kein EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaat war.

 

Praxishinweis

Es bleibt nach dieser Entscheidung dabei, dass der Behinderten-Pauschbetrag eines nicht steuerpflichtigen Kindes nur dann auf den Steuerpflichtigen übertragen werden kann, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaats hat. Für den Nachweis der Behinderung ist das Auslandsversorgungsamt zuständig[1]. Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG kommen nur in Betracht, wenn für das Kind kein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld gewährt wird. Über die Unterhaltsverpflichtung hinausgehende, durch die Behinderung veranlasste Aufwendungen sind aber nach § 33 EStG abziehbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 2.6.2005, III R 15/04

[1] Vgl. BMF-Schreiben vom 18.12.1996, IV B 1 – S 2286 – 75/96, n.v.

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