Leitsätze (amtlich)

  1. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Bruchteils des Kommanditanteils ist nicht nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn der Veräußerer zudem wesentliche Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich und unter Fortführung des bisherigen Buchwerts dem Erwerber überträgt.
  2. Zur Beiladung des Erwerbers eines Gesellschaftsanteils zum finanzgerichtlichen Verfahren, wenn sich der Streit darauf beschränkt, den vom Veräußerer erzielten Gewinn als laufenden oder nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigten Gewinn zu qualifizieren.
 

Sachverhalt

Klägerin ist die H.W. GmbH & Co. KG (KG), an der bis zum 31.12.1989 neben der Komplementärin (H.W. GmbH) der Beigeladene W.W. als alleiniger Kommanditist beteiligt war. Mit Wirkung zum 1.1.1990 veräußerte W.W. 10% seines Gesellschaftsanteils an seine Ehefrau (C.W.) für 312000 DM. Hieraus ergab sich - nach Abzug des anteiligen Buchwerts sowie der Veräußerungskosten - ein Gewinn von 237 844 DM. Zudem übertrug W.W. am 12.2.1990 das bisher zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende und an die KG vermietete Grundstück unentgeltlich seiner Ehefrau. Bei dem Grundstück, das auch nach dem Eigentumsübergang an die KG vermietet wurde, handelte es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage. Schließlich brachte W.W. die ihm verbliebene Kom-manditbeteiligung (90%) zum 1.1.1990 in die neu gegründete W.W. GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Hierbei wurde gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 UmwStG 1977 nur ein Teil der stillen Reserven aufgedeckt (Einbringung zum Zwischenwert). Das Finanzamt erkannte die Tarifbegünstigung nur für den Einbringungsgewinn an. Den Gewinn aus der Veräußerung des Kommanditanteils von 10 % behandelte es als laufenden Gewinn. Klage und Revision hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat zu Recht angenommen, dass der Gewinn aus der Veräußerung des 10%igen Kommanditanteils an C.W. nicht als Veräußerungsgewinn festzustellen ist. Würdigt man die Veräußerung des Bruchteils des Kommanditanteils an C.W. als - gegenüber der Einbringung - eigenständigen Vorgang, so steht der Feststellung eines tarifbegünstigten Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Teils des Mitunternehmeranteils entgegen, dass das zum Sonderbetriebsvermögen des W.W. gehörende Grundstück insgesamt zum Buchwert auf die Erwerberin (C.W.) übertragen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH umfasst der Begriff des Mitunternehmeranteils i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern - zum Zweck einer möglichst weitgehenden Annäherung der Besteuerung von Einzel- und Mitunternehmern - auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters[1]. Werden deshalb anlässlich der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten und ins Privatvermögen überführt, so ist dieser Vorgang nicht als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.V.m. einer gewinnrealisierenden Entnahme, sondern als Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu beurteilen, die insgesamt nach §§ 16, 34 EStG begünstigt ist[2]. Werden wesentliche WG des Sonderbetriebsvermögens hingegen im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt, ist der Gewinn aus der Anteilsveräußerung nicht tarifiprivilegiert, weil nicht die gesamten stillen Reserven des veräußerten Mitunternehmeranteils aufgedeckt wurden[3].

Ist somit bei getrennter Würdigung von Veräußerungs- und Einbringungsvorgang davon auszugehen, dass W.W. aus dem Verkauf des 10%igen Kommanditanteils einen laufenden Gewinn erzielt hat, so könnte dann eine andere Beurteilung geboten sein, wenn beide Umstrukturierungsmaßnahmen - weil auf einem einheitlichen Gesamtplan beruhend - als einheitlicher Vorgang zu werten wären. Jedoch selbst dann, wenn beide Umstrukturierungsvorgänge als (einheitlicher) Aufgabevorgang zu beurteilen wären, könnte der Senat diese rechtliche (und tatsächliche) Wertung seiner Entscheidung nicht zugrunde legen. Bestimmend hierfür ist der Umstand, dass die Klägerin lediglich beantragt hat, den Gewinn aus dem Verkauf des 10 %igen Kommanditanteils als Veräußerungsgewinn festzustellen. Hieraus ergibt sich zugleich, dass auch der Streitgegenstand auf diese Frage beschränkt ist und die übrigen Feststellungen des Gewinnfeststellungsbescheids - soweit eines selbständigen Schicksals fähig - in Bestandskraft erwachsen sind. Letzteres trifft auch für die - nicht angefochtene - Feststellung zu, dass W.W. aus der Einbringung seines 90%igen Kommanditanteils zu Zwischenwerten einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn von 263 096 DM erzielt habe.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 6.12.2000 – VIII R 21/00

[2] Vgl. BFH-Beschluss vom 31.8.1995, VIIIB 21/93, BStBl II1995, S. 890 = INF 1996, S. 94
[3] Vg...

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