Leitsatz

Wird ein unbebautes, bislang als Garten eines benachbarten Wohngrundstücks genutztes Grundstück veräußert, ohne dass der Steuerpflichtige seine Wohnung aufgibt, ist diese Veräußerung nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG privilegiert.

 

Sachverhalt

K erwarb ein bebautes Villengrundstück (3.600 qm) sowie ein angrenzendes Gartengrundstück (3.000 qm) samt Pavillon, die einst zusammen ein Parkgrundstück gebildet hatten. In der Frist des § 23 EStG veräußerte K das Garten-, nicht aber das Villengrundstück, das er weiterhin bewohnte. Das Finanzamt besteuerte den Veräußerungsgewinn, während K das Gartengrundstück als ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wirtschaftsgut ansah. Finanzamt und FG folgten dem nicht.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Allein der auf dem veräußerten Grundstück stehende Pavillon ermöglicht es nicht, einen eigenständigen Haushalt zu führen.

 

Kommentar

Praxishinweis

§ 23 EStG enthält eine Ausnahme von der Besteuerung für Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Die Freistellung soll die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei der Aufgabe des Wohnsitzes, z.B. beim Arbeitsplatzwechsel, vermeiden.

Der zur Wohnung gehörende Grund und Boden ist begünstigt, auch wenn er ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt, das grundsätzlich in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Gebäude steht.

Sollen Wohnung und zugehöriges Grundstück steuerlich gleich behandelt werden, muss dies vor dem Hintergrund des Normzwecks geschehen.

Die berufliche Mobilität würde behindert, wenn das zur Wohnung gehörende Grundstück der Veräußerungsgewinnbesteuerung unterworfen würde.

Der Normzweck beantwortet auch die Streitfrage nach der Behandlung eines Gartengrundstücks, das direkt an das Wohnungsgrundstück grenzt.

Wird das Gartengrundstück – anders als das Wohnungsgrundstück – veräußert, während die Wohnung weiterhin selbst genutzt wird, ist der Normzweck der Steuerbegünstigung nicht erfüllt. Denn das Gartengrundstück steht nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Grundstück, auf dem der Steuerpflichtige auch nach der Veräußerung wohnt.

Der BFH konnte angesichts der Konstellation des Streitfalls und seiner am Normzweck orientierten Auslegung mehrere Fragen offenlassen: Besteht ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang nur mit dem Garten als selbstständigem, vom Grund und Boden zu separierendem Wirtschaftsgut? Was bedeutet es, wenn man den "dazu gehörenden Grund und Boden" in die Förderung einbezieht? Ist damit jede, auch parkartige Fläche gemeint, die selbst genutzt wird, oder gibt es Begrenzungen, z.B. auf das Übliche?

 

Link zur Entscheidung

BFH, 25.5.2011, IX R 48/10.

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