Leitsatz (amtlich)

Zuschüsse zur Förderung von Existenzgründern aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Landesmitteln im Rahmen des Programms "Arbeit und Qualifizierung für Sachsen" sind nicht steuerfrei.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist seit 1996 als selbständiger Sachverständiger für die Bewertung unbebauter und bebauter Grundstücke tätig. Zuvor bezog er Konkursausfallgeld. Überbrückungsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erhielt der Kläger nicht. Jedoch wurden ihm 26 000 DM als Existenzgründungszuschuss aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Landesmitteln für den Zeitraum vom 16.9.1996 bis 15.9.1997 gewährt. Bei der Berechnung des Förderbetrags von 500 DM/Woche ab Gründung der Existenz wurde berücksichtigt, dass der Kläger keine anderweitige Leistung von der BfA oder nach dem BSHG erhalten hatte. Der Förderbetrag hätte sich bei Gewährung eines Zuschusses nach dem AFG oder dem BSHG um dessen Höhe vermindert. Die Zuwendung beruhte auf dem Programm "Arbeit und Qualifizierung für Sachsen". Das Finanzamt sah in dem Zuschuss eine steuerpflichtige, nicht nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfreie Betriebseinnahme. Der BFH bestätigte diese Auffassung.

 

Entscheidungsgründe

Der Zuschuss zur Förderung von Existenzgründern ist als Betriebseinnahme in der Gewinnermittlung zu erfassen[1].

Dem FG[2] kann nicht gefolgt werden, soweit es § 3 Nr. 2 EStG für entsprechend anwendbar hält. Die Beihilfe für Existenzgründer fällt nicht unter den Wortlaut des § 3 Nr. 2 EStG. Steuerfrei nach § 3 Nr. 2 EStG i.d.F. des JStG 1997 sind u.a. das Arbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, das Schlechtwettergeld, das Winterausfallgeld, die Arbeitslosenhilfe, das Unterhaltsgeld und die übrigen Leistungen nach dem AFG und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Ausbildung oder Fortbildung der Empfänger gewährt werden, sowie Leistungen nach § 55a AFG und aus Landesmitteln ergänzte Leistungen aus dem ESF, wenn sie der Aufstockung der Leistungen nach § 55a AFG dienen. Der Kläger hat kein Überbrückungsgeld nach § 55a AFG erhalten. Bei der Zuwendung handelt es sich auch nicht um eine aus Landesmitteln ergänzte Leistung aus dem ESF, die der Aufstockung der Leistungen nach § 55a AFG dient. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 2 EStG müssen sich die Zuwendungen auf Leistungen nach § 55a AFG beziehen und diese ergänzen. Beihilfen, die eine über die Bedingungen des § 55a AFG hinausgehende Förderung von Existenzgründern bewirken, sind nicht nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei. Der streitige Zuschuss bezieht sich nicht auf eine Leistung nach § 55a AFG. Die Existenzgründungsbeihilfe wurde weder zur Verlängerung einer Zahlung noch zur Erhöhung eines bereits geleisteten Überbrückungsgeldes nach § 55a AFG gewährt. Der Kläger erhielt den Zuschuss auch nicht als Arbeitnehmer oder Arbeitsuchender, sondern ab Existenzgründung als Selbständiger.

Eine Steuerfreiheit des Zuschusses kommt aber auch nicht in analoger Anwendung des § 3 Nr. 2 EStG in Betracht. Es fehlt an einer für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Gesetzeslücke. Ob im Streitfall eine Gesetzeslücke vorliegt, kann offen bleiben. Jedenfalls wäre die Lücke nicht planwidrig. Zuwendungen aus Existenzgründerprogrammen mit Mitteln des ESF und der Länder, zu denen das hiesige Programm des Landes Sachsen gehört, waren Gegenstand der Gesetzesänderung durch das JStG 1997. Danach sind Existenzgründungsbeihilfen, die teilweise aus Mitteln der Länder und teilweise aus Mitteln des ESF aufgebracht werden und der Aufstockung eines Überbrückungsgeldes nach § 55a AFG dienen, in den Katalog des § 3 Nr. 2 EStG aufgenommen worden. Der Gesetzgeber sah den Zuschuss aus dem ESF als Ergänzung zu einer bereits steuerfrei gewährten Leistung an, der dem Überbrückungsgeld gleichgestellt werden müsse, um eine Ungleichbehandlung zur Leistung nach § 55a AFG zu vermeiden[3]. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung bewusst auf Aufstockungen zu ohnehin schon steuerfreien Leistungen beschränkt hat. Die Nichteinbeziehung isolierter Existenzgründungsbeihilfen beruht danach nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers, sondern entspricht seinem Plan.

Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet keine Steuerbefreiung isolierter Existenzgründungsbeihilfen. Da der streitige Zuschuss nicht mit einer Leistung nach dem AFG und insbesondere nicht mit dem Überbrückungsgeld nach § 55a AFG oder einer der Aufstockung des Überbrückungsgeldes dienenden Leistungen aus dem ESF vergleichbar ist, existiert ein sachlicher Gesichtspunkt für die Ungleichbehandlung. Umgekehrt folgt aus dem Gleichheitsgrundsatz vielmehr eine Pflicht des Gesetzgebers, Existenzgründerzuschüsse grundsätzlich der Besteuerung zu unterwerfen. Denn bereits länger tätige Wettbewerber des Existenzgründers müssen sämtliche Betriebseinnahmen versteuern.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 26.6.2002 -...

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