Leitsatz (amtlich)

Eine Bewertung nach der sog. Lifo-Methode entspricht nicht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und ist deshalb auch steuerrechtlich ausgeschlossen, wenn Vorräte mit - absolut betrachtet - hohen Erwerbsaufwendungen in Frage stehen, die Anschaffungskosten ohne weiteres identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen angesichts deren individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können (hier: zum Verkauf bestimmte PKW).

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, betreibt eine Vertragswerkstatt der VW-AG und handelt mit neuen Kfz sowie Gebrauchtwagen. Zum 31.12. der Jahre 1991, 1992 und 1993 bewertete sie erstmals die zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge nach der Lifo-Methode[1]. Dabei bildete sie für die Neufahrzeuge Bewertungsgruppen nach den Wagentypen ihres Bestands (Golf, Polo, Audi 80 usw.); die Gebrauchtwagen gliederte sie - ohne Rücksicht auf deren Hersteller, Kilometerleistung oder das Alter - nach ihrem Wert (bis 5 000 DM; 5 000 DM bis 15 000 DM; 15 000 DM bis 25 000 DM; über 25 000 DM). Das Finanzamt meinte dagegen, dass die Anwendung des Lifo-Verfahrens nicht zulässig sei und die Kfz unter Berücksichtigung von Teilwertabschlägen nach ihren individuellen Anschaffungskosten zu bewerten seien. Klage[2] und Revision der Klägerin blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG ist die ertragsteuerrechtliche Bewertung des Vorratsvermögens aufgrund der Unterstellung, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert werden ("last in - first out"), neben anderen im anhängigen Verfahren nicht streitigen Voraussetzungen daran gebunden, dass es sich

  • um gleichartige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens handelt,
  • die Anwendung dieser Bewertungsmethode den handelsrechtlichen GoB entspricht und
  • dieses steuerrechtliche Wahlrecht in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ausgeübt wird.

Die Bewertung nach der Lifo-Methode durchbricht den Grundsatz der Einzelbewertung nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB insofern, als die Vorräte nicht einzeln erfasst und mit ihren Anschaffungskosten angesetzt, sondern - zumindest teilweise - mit den Erwerbsaufwendungen anderer - nämlich zu einem früheren Zeitpunkt angeschaffter - Vermögensgegenstände bewertet werden. Wenn § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG bzw. § 256 Satz 1 HGB gleichwohl die Wahl der Lifo-Methode gestattet, soweit dies den handelsrechtlichen GoB entspricht, so bringt das Gesetz hiermit zum Ausdruck, dass die Grundsätze der Einzelbewertung sowie der periodengerechten Aufwandsabgrenzung aus Gründen der Bewertungsvereinfachung im Einzelfall zurücktreten und eine Abkehr von der tatsächlichen Verbrauchsfolge rechtfertigen können. Der Vereinfachungszweck vermag aber jedenfalls dann ein Zurücktreten der GoB nicht mehr zu rechtfertigen, wenn - wie hier im Hinblick auf den zum Verkauf bestimmten Fahrzeugbestand der Klägerin - Vorratsgegenstände mit (absolut betrachtet) hohen Erwerbsaufwendungen in Frage stehen, die Anschaffungskosten ohne weiteres identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen angesichts deren individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können[3].

Der Senat vermag nicht der im Schrifttum vertretenen Auffassung[4] beizupflichten, durch § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG sei das ursprüngliche Vereinfachungsanliegen durch den weitergehenden Zweck, die Besteuerung von Scheingewinnen zu vermeiden, zumindest gleichwertig mit der Folge ergänzt worden, dass es zur Verwirklichung dieses zweiten Regelungsziels einer Fortentwicklung der GoB bedürfe.

Der Senat ist nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Dem steht bereits entgegen, dass Fragen, die die Bewertung von Aktiva und Passiva betreffen, selbst dann gemäß § 5 Abs. 6 EStG nach den vorrangigen Vorschriften des Steuerrechts zu beurteilen sind, wenn die steuerrechtlichen Bewertungsmaßstäbe mit den Grundsätzen des Handelsrechts übereinstimmen[5]. Im anhängigen Verfahren kommt hinzu, dass das StRG 1990 durch die Einfügung des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG das Ertragsteuerrecht an die handelsrechtlich nach § 256 HGB zulässige Lifo-Methode angleichen wollte. Diese Regelung wiederum macht lediglich von den den Mitgliedstaaten in Art. 40 der Vierten EG-Bilanzrichtlinie eingeräumten Wahlrechten zur Bewertung von Vermögensgegenständen aufgrund unterstellter Verbrauchsfolgen Gebrauch, um das bis dahin geltende - nicht harmonisierte - Recht[6] zur Wahrung des Grundsatzes der steuerneutralen Umsetzung der Vierten EG-Bilanzrichtlinie fortzuführen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 20.6.2000 - VIII R 32/98

[2] Vgl. FG Münster, Urteil vom 20.3.1998, 11 K 5125/96 F, EW, G, EFG 1998, S. 999
[3] Ebenso z.B. Moxter, Bilanzlehre, Bd. II, Wiesbaden 1986, S. 47
[4] Vgl. z.B. Herzig/Gasper, Die Lifo-Methode in der Handels- und Steuerbilanz, DB 1991, S. 557; dies., Eine Zwischenbilanz zur Lifo-Diskussion, DB 1992, S. 1301
[5] Vgl.z.B. BFH...

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