Leitsatz

Erzielt ein Kind Einkünfte aus Gewerbebetrieb und bildet es im Rahmen seiner Gewinnermittlung eine Ansparrücklage gemäß § 7g EStG, so gehört der Betrag der Ansparrücklage jedenfalls nach der im Jahr 1998 geltenden Rechtslage nicht zu den Bezügen des Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

 

Sachverhalt

Die Familienkasse forderte von M das für ihre 1979 geborene Tochter C von Januar bis Oktober 1998 gewährte Kindergeld mit der Begründung zurück, die von C in ihrem Gewerbebetrieb (Handel mit technischen Komponenten) gebildete Ansparrücklage in Höhe von 30500 DM sei den durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelten Einkünften von 11676 DM hinzuzurechnen, weshalb der für 1998 maßgebliche Jahresgrenz-betrag von 12360 DM überschritten sei. C, die nach dem Abitur im Juli 1998 ab Oktober 1998 Jura studierte, war für das Kindergeld berücksichtigungsfähig, weil sie sich bis Juli und ab Oktober in Ausbildung[1] und dazwischen in einer Übergangszeit[2] befand. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH gab der Revision statt.

 

Entscheidung

Für die Ermittlung des Jahresgrenzbetrags war nach ständiger Rechtsprechung vom Einkunftsbegriff des § 2 Abs. 2 EStG auszugehen, also im Streitfall, da C ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte, vom Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben in Höhe von 11676 DM. Die Ansparrücklage in Höhe von 30500 DM wirkte sich dabei gemäß § 7g Abs. 6 EStG als Betriebsausgabe aus. Dieses Ergebnis war entgegen der Vorinstanz nicht – wie in R 180e Abs. 2 Nr. 6 EStR 2002 bzw. in DA 63.4.2.3 Abs. 2 Nr. 18 DA-FamEStG[3] vorgesehen – dadurch zu korrigieren, dass die Ansparrücklage bei den Bezügen des Kindes angesetzt wird. Die Erwägungen des BFH[4] zum Sparer- und Versorgungsfreibetrag gelten auch hier. Im Übrigen entspricht die Berücksichtigung der Ansparrücklage als Aufwand auch dem mit § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verfolgten Zweck, nur solche Einkünfte anzurechnen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Die Mittel der Rücklage sind zwar nicht wirtschaftlich gebunden, aber in solcher Weise für Investitionen "verplant", dass sie nicht für den Lebensunterhalt bzw. die Ausbildung herangezogen werden können.

 

Praxishinweis

Der BFH weist darauf hin, dass die Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 4 EStG, die ab 2002 gilt, auf das Streitjahr 1998 nicht angewendet werden kann, da sie eine Gesetzesänderung und nicht nur eine Klarstellung zum Gegenstand hatte. Nach dieser Neufassung sind den Bezügen bestimmte steuerfreie Einkünfte zuzurechnen, außerdem Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmögliche Abschreibung nach § 7 EStG übersteigen. Dem gemäß wäre eine Ansparrücklage für künftige Anschaffungs- oder Herstellungskosten ab 2002 den Bezügen nur dann zuzurechnen, wenn man in ihr eine vorweggenommene Sonderabschreibung sehen würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.10.2004, VIII R 35/04

[3] BStBl I 2002, S. 366, 369, 405

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