Leitsatz

Beteiligt sich eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (Obergesellschaft) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft), so hat das nicht zur Folge, dass die gesamten Einkünfte der Obergesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (gegen R 138 Abs. 5 Satz 4 EStR).

 

Sachverhalt

Eine GbR, die Einkünfte aus der Verpachtung ihres Grundbesitzes erzielt, beteiligte sich mit einer Einlage von 100000 DM an einer gewerblich tätigen KG. Die Gewinnanteile der GbR betrugen höchstens 4200 DM pro Jahr. Das Finanzamt ist der Auffassung, durch die Beteiligung an der gewerblich tätigen KG würden auch die Verpachtungseinkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Das FG gab der Klage der GbR statt: Die Beteiligung sei im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen minimal (nur 1,16 %) und führe deshalb nicht zu einer Umqualifizierung der Verpachtungseinkünfte. Der BFH folgte der Ansicht der GbR.

 

Entscheidung

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit u.a. einer KG, wenn die Gesellschaft eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt. Diese sog. Abfärbewirkung greift schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ein, wenn die Gesellschaft – wie hier die GbR – Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Eine über den Wortlauf des Gesetzes hinausgehende Auslegung ist auch vom Zweck des Gesetzes nicht geboten. Denn bei Beteiligungseinkünften kommt es nicht – was das Gesetz verhindern will – zu Schwierigkeiten bei der Einkünfteermittlung. Der Gewinnanteil der Obergesellschaft wird im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Untergesellschaft ermittelt und den Obergesellschaftern zugerechnet. Auch das Gewerbesteueraufkommen ist nicht gefährdet. Nach § 9 Nr. 2 GewStG würden sich bei einer Abfärbung gerade die Einkünfte, die auf andere Einkünfte der GbR abfärben, wegen der Kürzung gewerbesteuerrechtlich nicht auswirken. Vielmehr würden Überschusseinkünfte aus Vermögensverwaltung wegen der Abfärbung der Beteiligungseinkünfte zu gewerblichen Einkünften mit der Folge, dass Veräußerungsgewinne steuerbar wären, die bei Überschusseinkünften nicht der Einkommensteuer unterlägen.

 

Praxishinweis

Der Entscheidung kommt in der Praxis eine herausragende Bedeutung zu. Sie setzt die Tendenz des BFH fort, die Abfärbewirkung – wo es geht – einzuschränken. Dabei entstehen Übergangsprobleme, wenn eine GbR bislang entsprechend der Verwaltungsauffassung als gewerblich behandelt wurde. Das hat nämlich zur Folge, dass Transaktionen – z.B. im Konzern – möglicherweise nicht als Einlage oder Entnahme behandelt wurden. Stellt sich jetzt die Personengesellschaft auf den Standpunkt, ihr Vermögen sei nicht steuerverstrickt, wird man anhand von Korrekturvorschriften – in Betracht kommt § 174 AO – prüfen müssen, ob eine bisher nicht steuerbare Entnahme nunmehr erfasst werden muss. Die Folge der Entscheidung für das Betriebsvermögen: Soweit die Personengesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, ist das Vermögen nicht steuerverstrickt. Soweit die Gesellschaft aber wegen ihrer Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, ist das damit zusammenhängende Vermögen der GbR Betriebsvermögen. Eine Gesellschaft kann daher unterschiedliche Einkünfte erzielen und ein verschieden strukturiertes Vermögen besitzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 53/01

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