Leitsatz

Zahlt eine Kapitalgesellschaft einem ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafter eine Abfindung, die auch den selbst geschaffenen, bisher nicht bilanzierten Geschäftswert abgilt, hat sie den darauf entfallenden Anteil der Abfindung als derivativen Geschäftswert zu aktivieren. Nur dieser derivative Anteil am Geschäftswert ist bei einer anschließenden Umwandlung der Kapitalgesellschaft auf den Alleingesellschafter nach § 3 Satz 1 UmwStG 1977 in der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Kapitalgesellschaft anzusetzen. Da es sich bei der Umwandlung nicht um einen marktoffenen Vorgang handelt, der zu einer Bestätigung des selbst geschaffenen Geschäftswerts am Markt führt, bleibt der auf den originären Geschäftswert entfallende Anteil außer Ansatz.

 

Sachverhalt

Der Kläger war 1988 Gesellschafter einer GmbH, an der zwei Personen atypisch still beteiligt waren. Zum 1.1.1989 schieden diese Gesellschafter gegen Abfindung aus. Zum 2.1.1989 wurde die GmbH derart umgewandelt, dass das Vermögen der GmbH unter Ausschluss der Abwicklung auf den Kläger überging.

Das FG ging davon aus, in der Auseinandersetzungsbilanz der stillen Gesellschaften sei für die GmbH ein entgeltlich erworbener Anteil am Geschäftswert auszuweisen. Denn die GmbH habe durch die Abfindung den Anteil der ausgeschiedenen stillen Gesellschafter im Wege eines Veräußerungsvorgangs und damit eines entgeltlichen (abgeleiteten) Erwerbs durch Anwachsung erworben. Nach der zwingenden Regelung in § 3 Satz 1 UmwStG 1977 sei der Geschäftswert in der Umwandlungsbilanz der GmbH zum 2.1.1989 nicht nur mit dem entgeltlich erworbenen Anteil, also den der GmbH durch die Abfindung an die stillen Gesellschafter entstandenen Anschaffungskosten anzusetzen, sondern mit dem vollen Teilwert des (gesamten) Geschäftswerts. Dieser sei ein einheitliches Wirtschaftsgut und könne nicht in einen entgeltlich erworbenen aktivierungsfähigen und einen nicht aktivierungsfähigen selbst geschaffenen Teil aufgespalten werden.

 

Entscheidung

Der BFH lehnt die Aktivierung des bisher bei der GmbH nicht aktivierten (originären) Anteils des Geschäftswerts in der Umwandlungsbilanz der GmbH ab. Nur der entgeltlich erworbene Anteil am Geschäftswert, nicht auch der selbstgeschaffene Geschäftswert darf in der Schlussbilanz der atypischen stillen Gesellschaften angesetzt werden[1]. Dementsprechend ist in der Umwandlungsbilanz der GmbH nur dieser entgeltlich erworbene Anteil am Geschäftswert nach § 3 Satz 1 UmwStG 1977 mit dem Teilwert anzusetzen. Der Anteil des vollen Geschäftswerts mit dem Teilwert kann auch nicht aus der sog. Einheitstheorie abgeleitet werden. Denn solange der selbstgeschaffene (anteilige) Geschäftswert sich noch nicht durch eine objektiv feststellbare Gegenleistung in Form effektiver Anschaffungskosten konkretisiert hat und damit am Markt bestätigt worden ist, darf er nach den steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften nicht bilanziert werden.

 

Praxishinweis

Nach § 3 UmwStG 1977 waren die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz für das letzte Wirtschaftsjahr mit dem Teilwert anzusetzen. Nach § 3 UmwStG 1995 steht der übertragenden Körperschaft ein Wahlrecht zu, den Buchwert, einen Zwischenwert oder den Teilwert anzusetzen. Das Wahlrecht kann sich hier nur auf den derivativ erworbenen Geschäftswertanteil beziehen. Eine Aufstockung scheidet gleichwohl aus. Denn ein eventueller Aufstockungsbetrag entfällt auf einen originären Geschäftswert, der außer Ansatz bleibt[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.05.2002, III R 45/98

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