Leitsätze (amtlich)

  1. Wird ein Grundstück des Anlagevermögens in Veräußerungsabsicht parzelliert und wirkt der Steuerpflichtige an der Aufbereitung zum Bauland aktiv mit oder nimmt er darauf Einfluss, wechselt das Grundstück auch bei zunächst unveränderter Nutzung zum Umlaufvermögen.
  2. Eine Gewinnübertragung nach § 6b EStG setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut vor der Veräußerung noch nicht zum Umlaufvermögen geworden ist.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, war im Streitjahr 1988 im Tief- und Straßenbau tätig. Sienutzte ein Grundstück in A (5.276 qm) mit Bauhofgelände, Gebäuden sowie Lagerund Abstellplätzen. 1978 und 1979 verlagerte sie ihren Betrieb schrittweise nach B. Das Werkstattgebäude wurde abgebrochen. 1979 beantragte die KG bei der Gemeinde A die Aufstellung eines Bebauungsplans. Dieser wurde auf Kosten der Klägerin aufgestellt und 1983 genehmigt. Anschließend wurde das Bauhofgelände parzelliert; es entstanden neun Grundstücke für eine Reihenhausbebauung. Die Klägerin hatte hierfür Erschließungsbeiträge zu leisten. Im September 1986 begann sie für den Verkauf von Reihenhäusern zu werben. Für fünf Reihenhäuser erhielt sie im Dezember 1986 eine Baugenehmigung. Zwischen April und September 1987 wurden notarielle Verträge über den Verkauf der betreffenden Parzellen und die Bebauung mit Reihenhäusern durch die Klägerin als Bauträger geschlossen. Mit dem Bau wurde im Mai 1987 begonnen. Im Streitjahr 1988 erfolgte die Übergabe. Weitere vier Reihenhausgrundstücke wurden im März 1988 an eine Tochtergesellschaft der Klägerin verkauft, die diese Grundstücke als Bauträger in den Jahren 1989 und 1990 bebaute. Die Klägerin erzielte aus den Grundstücksverkäufen einen Gewinn von 583 382 DM. Davon übertrug sie in ihrer Bilanz zum 31.12.1988 einen Teilbetrag auf Herstellungskosten des im gleichen Jahr fertiggestellten Verwaltungsgebäudes in B. Für den Restbetrag bildete sie eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG. Das Finanzamt erkannte die Übertragung des Gewinns und die § 6b-Rücklage nicht an. Das FG wies die Klage ab[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Voraussetzungen des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG sind im vorliegenden Fall weder in Bezug auf die Grundstücke des ersten noch in Bezug auf jene des zweiten Bauabschnitts erfüllt. Die Grundstücke gehörten im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr zum Anlagevermögen des Betriebs. Veräußerung i.S. des § 6b EStG ist die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Diese ist nicht im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts verschafft, sondern mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem übertragenen Wirtschaftsgut[2]. Die Grundstücke des sog. ersten Bauabschnitts wurden danach im Streitjahr 1988 veräußert. Ebenfalls im Streitjahr 1988 erfolgte die Veräußerung der unbebauten Grundstücke des zweiten Bauabschnitts an die Tochtergesellschaft der Klägerin.

Im Zeitpunkt der Veräußerung gehörten sämtliche veräußerten Grundstücke nicht mehr zum Anlagevermögen der Klägerin. Als Anlagevermögen definiert der BFH in Anlehnung an das Handelsrecht[3] die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Zum Umlaufvermögen gehören dagegen die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter[4]. Die Zuordnung orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss. Wechselt die Zweckbestimmung eines Wirtschaftsguts während seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, kann damit auch eine veränderte Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen einhergehen. Allerdings wird ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens bei unveränderter Nutzung im Betrieb nicht allein dadurch zum Umlaufvermögen, dass sich der Steuerpflichtige zu seiner Veräußerung entschließt[5].

Bei einem seit langem zum Anlagevermögen gehörenden unbebauten Grundstück hat der BFH einen Wechsel der Zweckbestimmung noch nicht darin gesehen, dass dieses in Veräußerungsabsicht parzelliert wird[6]. Beschränkt sich der Veräußerer indessen nicht auf die bloße Verkaufstätigkeit, sondern wirkt er an der Aufbereitung und Erschließung des Baulands aktiv mit oder nimmt er hierauf Einfluss, ändert sich auch bei zunächst unveränderter Nutzung des Grundstücks seine Zweckbestimmung und es wird zum Umlaufvermögen[7].

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin sich in Bezug auf alle streitigen Grundstücke nicht auf die bloße Verkaufstätigkeit beschränkt. Denn sie hat die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht nur beantragt, sondern auch finanziert. Ein solches Engagement hat zugleich die Folge, dass sich die Zweckbestimmung des betroffenen Grundstücks ändert, so dass es vom Anlage- zum Umlaufvermögen wechselt. Die Grundstücke gehörten mithin "im Zeitpunkt der Veräußerung", wie es im § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wörtlich heißt, zum Umlaufvermögen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.10.2001, IV R 47, 48/00

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