Leitsatz (amtlich)

Jungschweine, die ein Gewicht von 20 kg überschreiten, können ungeachtet ihrer Bezeichnung nicht mehr dem Tierzweig der "Ferkel" i.S. der Anlage 1 zum BewG zugeordnet werden.

 

Sachverhalt

Die Klägerin unterhält einen Schweinezuchtbetrieb. Da der Tierbestand an den Bewertungsstichtagen den gegendüblichen Tierbestand überstieg, machte das Finanzamt auf den 1.1.1987 am (landwirtschaftlichen) Vergleichswert wegen verstärkter Tierhaltung einen Zuschlag (Viehzuschlag) von 106 548 DM. Auf den 1.1.1989 ermittelte das Finanzamt einen Viehzuschlag von 86 092 DM, den es gemäß § 41 Abs. 2a BewG 1989 mit dem um 50 % verminderten Betrag dem (landwirtschaftlichen) Vergleichswert zurechnete. Bei der Berechnung des Viehzuschlags setzte das Finanzamt nach den bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisungen[1] die "leichten Ferkel" (bis 20 kg) mit 0,02 VE und die "schweren Ferkel" (über 20 bis 30 kg) mit 0,04 VE an. Mit der Klage wandte sich die Klägerin gegen den Ansatz von 0,04 VE je Ferkel für die über 20 kg "schweren Ferkel", da nach § 51 Abs. 4 BewG i.V.m. Anlage 1 zum BewG der Umrechnungsschlüssel für diesen Tierzweig gewichtsunabhängig 0,02 VE betrage. Hieran sei die Finanzverwaltung gebunden. Die Klage hatte Erfolg, die Revision führte zur Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Das BewG enthält keine für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum, der am 1.1.1964 begonnen hat, maßgebende Definition des Begriffs der Ferkel nach Alter, Größe oder Gewicht. Doch können entgegen der Auffassung der Vorinstanz Jungschweine, die ein Gewicht von 20 kg überschreiten, ungeachtet ihrer Bezeichnung nicht mehr dem Tierzweig der Ferkel i.S. der Anlage 1 zum BewG zugeordnet werden; denn die Ferkelphase endet bei einem Gewicht bis etwa 20 kg[2]. Ab Erreichen dieses Lebendgewichts werden Jungschweine als Mast- oder Zuchtläufer verwendet, für die die Anlage 1 zum BewG einen Umrechnungsschlüssel von 0,06 VE vorsieht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Finanzverwaltung den Umrechnungsschlüssel innerhalb des von der Anlage 1 zum BewG vorgegebenen Rahmens durch Verwaltungsanweisungen aufgesplittet hat, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das einzelne Tier infolge fortschreitender Rationalisierung und Spezialisierung der tierischen Veredelung die verschiedenen Produktionsstufen nicht mehr in demselben Betrieb, sondern in verschiedenen Spezialbetrieben durchläuft und deshalb nur mit einem anteiligen Umrechnungsschlüssel erfasst werden kann, damit eine Erfassung desselben Tieres mit einem über dem gesetzlichen Rahmen der Anlage 1 zum BewG liegenden VE-Schlüssel vermieden wird. Dementsprechend wurde auch der Umrechnungsschlüssel für die Tierart Schweine gesplittet. Denn die in der Anlage 1 zum BewG genannten VE-Werte für Ferkel, Läufer und Mastschweine beziehen sich, wie aus der Relation der VE-Schlüsselwerte zum jeweiligen Futterbedarf abzuleiten ist, auf ein von Geburt an in einem Betrieb erzeugtes und aufgezogenes Tier. Da zwischen Futterbedarf und Lebendgewicht bei Mastschweinen eine enge Korrelation besteht und die Gewichtsangabe beim Handel eine entscheidende Rolle spielt, wurden die verschiedenen Altersstadien nach Gewicht abgegrenzt. Damit findet bei der Aufteilung des VE-Schlüssels nur eine Differenzrechnung statt, mit der Folge, dass das fertige Mastschwein bei Zusammenrechnung der Wertansätze mit 0,16 VE entsprechend der Anlage 1 zum BewG bewertet wird.

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die von der Finanzverwaltung getroffene Aufsplittung des VE-Schlüssels durch Erlasse zulässig ist[3]. Die Anwendung dieser VE-Schlüsselwerte verletzt jedenfalls dann nicht die Rechte des Steuerpflichtigen, wenn sie sich - wie hier - zu seinen Gunsten auswirkt[4].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 28.7.1999 - II R 83/96

[1] Vgl. z.B. FinMin Niedersachsen, Erlass vom 19.1.1981, S 3132-1-34, StEK, § 51 BewG Nr. 19
[2] So bereits Rössler/Troll/Langner, Bewertungs- und Vermögensteuergesetz, 11. Aufl., § 51 BewG Rz. 2
[3] Vgl. hierzu BFH-Urteil vom 13.7.1989, V R 110-112/84, BStBlII 1989, S. 1036 = INF 1990, S. 111

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