Leitsatz

Bei einer Innergemeinschaftlichen Lieferung im Reihengeschäft unter Beteiligung eines im Drittland ansässigen Zwischenerwerbers kann die Lieferung des 1. Lieferers in der Reihe an den Drittland-Unternehmer ohne USt-IdNr. steuerfrei sein, wenn der Drittland-Unternehmer die Gegenstände im Inland abholen lässt und direkt an den letzten Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat weiterliefert.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige verkaufte Maschinen an ein Unternehmen A mit Sitz in den USA. Die Steuerpflichtige fragte die A nach ihrer USt-IdNr. Darauf teilte A mit, sie habe die Maschinen an ein Unternehmen in Finnland (F) (weiter) veräußert. A teilte der Steuerpflichtigen die USt-IdNr. der F mit, die die Steuerpflichtige auch auf ihre Richtigkeit überprüfte. Die Maschinen wurden sodann von einer von A beauftragten Spedition bei der Steuerpflichtigen abgeholt und schließlich nach Finnland verschifft. Das Finanzamt versagte der Lieferung der Steuerpflichtigen die Steuerfreiheit, da deren Abnehmer keine eigene USt-IdNr. mitgeteilt hatte.

Der EuGH hatte im Streitfall bereits klargestellt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Steuerbefreiung dann nicht von einer vom Erwerber mitgeteilten USt-IdNr. abhängig gemacht werden kann, wenn – wie im Streitfall – durch Angaben des Lieferers hinreichend belegt ist, dass der Erwerber ein Unternehmer ist, der Liefergegenstand nur unternehmerisch nutzbar ist und der Lieferer alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die UStIdNr. des Erwerbers zu erlangen (EuGH, Urteil v. 27.9.2012, C-587/10; VSTR).

Dem hat sich der BFH nun im Streitfall angeschlosen. Jedoch ist beim innergemeinschaftlichen Reihengeschäft nur eine der Lieferungen steuerfrei nach § 6a UStG – und zwar die, der die innergemeinschaftliche Versendung (Warenbewegung) der Maschinen zuzurechnen ist. Veranlasste – wie im Streitfall – der Ersterwerber (A) die Warenbewegung/Versendung als Abnehmer der Vorlieferung, ist nach § 3 Abs. 6 Satz 6 1. Halbsatz UStG die Steuerfreiheit der 1. Lieferung (hier der Steuerpflichtigen) zuzuordnen. Diese Vermutung kann indes widerlegt werden, wenn sich nach umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Ersterwerber den Gegenstand selbst als Lieferer befördert/versendet hat. Hierfür spricht u.a., wenn der 1. Lieferer in der Reihe vor der Übergabe des Liefergegenstands Kenntnis von der Weiterlieferung seines (mittleren) Abnehmers hatte. Im Gegensatz zu der Auffassung des V. BFH-Senats (Urteil v. 11.8.2011, V R 3/10) ist "Kenntnis" jedoch für sich nicht allein entscheidungserheblich. Entscheidend sei vielmehr, ob A die Verfügungsbefugnis an den Maschinen vor der Auslieferung durch die Steuerpflichtige auf die finnischen Abnehmer übertragen hat. Dies muss nun noch das vorinstanzliche FG sachverhaltlich nachprüfen, u.a. anhand der vereinbarten Lieferbedingungen.

 

Hinweis

In der für die Praxis wichtigen Frage der Zuordnung der Warenbewegung und damit der Steuerbefreiung sind der V. und der XI. BFH-Senat leider unterschiedlicher Auffassung. Praxistauglicher ist die Auffassung des V. Senat ("Kenntnis des 1. Lieferers von der Weiterlieferung seines Abnehmers").

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 28.5.2013, XI R 11/09.

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