Rz. 11

Die mit der Prüfung befassten Personen sind verpflichtet, über alle Tatsachen, Werturteile und sonstige Wertungen, die ihnen im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Prüfungsfunktion zur Kenntnis gekommen sind, Stillschweigen zu bewahren (Holthaus/Lehnhoff, § 62 RN 7; Müller, § 62 RN 5).

Die Pflicht zur Verschwiegenheit umfasst alle geschäftlichen Angelegenheiten der Genossenschaft – also nicht nur Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von dritten Personen, die im Zusammenhang mit der Prüfung bekannt werden (Beuthien, § 62 RN 4; Holthaus/Lehnhoff in L/W, § 62 RN 7). Da die Prüfung einen äußerst umfassenden Einblick in den Betrieb der Genossenschaft gewährt, ist die Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht hoch und entsprechend gemäß § 151 strafrechtlich geschützt.

Hiervon ausgenommen sind allenfalls Tatsachen, die allgemein bekannt sind, so z. B. bereits veröffentlichte Vorjahresabschlüsse oder Handelsregistereintragungen (Müller, § 62 RN 5 a).

Einen gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand bildet Abs. 3 Satz 3 (eingeführt mit dem Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. Juli 2017). Demnach ist die Verschwiegenheitspflicht des Prüfungsverbandes gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeschränkt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein unerlaubtes Investmentgeschäft vorliegen könnte. In diesem Fall kann der Verband der BaFin eine Abschrift des Prüfungsberichts ganz oder auszugsweise zur Verfügung stellen, damit die BaFin ein Einschreiten prüfen kann. Zur Verfügung gestellt werden können hierbei insbesondere Auszüge aus dem Prüfungsbericht, welche Feststellungen zur Einhaltung des Förderzwecks betreffen. Eine Informationspflicht des Verbandes gegenüber der BaFin besteht in diesen Fällen dabei jedoch nicht (BT-Drucksache 18/11506, S. 32). Der Verband soll zunächst die ihm zustehenden rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit die Genossenschaft ihre Geschäftspolitik ändern kann. Hierzu gehört die Teilnahme des Verbandes an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat über das Ergebnis des Prüfungsberichts nach § 58 Abs. 4 GenG ebenso wie die Teilnahme an der Generalversammlung nach § 59 Abs. 3 oder die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung nach § 60 GenG.

Sollten allerdings Schäden für die Mitglieder zu befürchten sein, kann der Verband nach eigener Ermessensentscheidung auch sofort die BaFin informieren; in Einzelfällen kann sich aus den Gesamtumständen aber auch eine Pflicht für den Verband zur Weitergabe der Information ergeben.

Die Pflicht zur Verschwiegenheit bezieht sich auch auf im Rahmen der Beratung und Betreuung erfahrene Tatsachen (Bauer, § 62 RN 8, anders Holthaus/Lehnhoff in L/W, § 62 RN 7). Die Beratungs- und Betreuungstätigkeit ist bei der genossenschaftlichen Prüfung nur schwer von der eigentlichen Prüfung zu trennen, da sie als Betreuungsprüfung angelegt ist.

Nimmt eine Prüfungsgesellschaft die Prüfung vor, besteht die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 GenG auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft bzw. entsprechend gegenüber einem anderen bestellten Überwachungsorgan (z. B. Verwaltungsrat) (Beuthien, § 62 RN 4). Allerdings dürfen der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter persönlich die erstatteten Prüfungsberichte einsehen und im Rahmen ihrer Überwachungspflicht auch verwerten § 62 Abs. 4 Satz 2 GenG.

 

Rz. 12

Von dieser Schweigepflicht nach Abs. 4, die sich auf den Aufsichtsrat einer vom Verband in den Fällen des § 55 Abs. 3 oder § 56 Abs. 1 eingeschalteten Prüfungsgesellschaft bezieht, ist die Schweigepflicht der Prüfer gegenüber dem Prüfungsverband zu unterscheiden. Gegenüber Personen des Prüfungsverbandes, die ebenfalls der Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen und die aus dienstlichen Gründen Zugang zu den Prüfungsfeststellungen haben, besteht keine Verschwiegenheitsverpflichtung des Prüfers (Beuthien, § 62 RN 4, Bauer § 62 RN 9: danach ausdrücklich Schweigepflicht gegenüber den nicht mit der Prüfung befassten Organen und Angestellten des Verbandes). Keine Schweigepflicht besteht gegenüber dem Verbandsvorstand sowie gegenüber Beratungsabteilungen (z. B. der Rechts- und Steuerabteilung, soweit Prüfungsfeststellungen zur Begutachtung vorgelegt oder Beratung in Anspruch genommen wird (Holthaus/Lehnhoff in L/W, § 62 RN 8). Dies gilt auch für alle an dem Qualitätssicherungsprozess nach §§ 63 e ff. beteiligten Personen.

Auch gegenüber Aufsichtsorganen des Prüfungsverbandes erstreckt sich die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht auf Sachverhalte aus der Prüfungstätigkeit, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion erforderlich sind (Holthaus/Lehnhoff in L/W, § 62 RN 8).

Die Genossenschaft kann den Prüfer von der Verschwiegenheitspflicht durch ausdrückliche Erklärung ihres Vorstands oder durch ein ihm ...

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