Rz. 13

Die Anfechtbarkeit eines Beschlusses der Generalversammlung lässt dessen Wirksamkeit zunächst unberührt. Zur Herbeiführung der Nichtigkeit (§ 51 Abs. 5 S. 1) bedarf es somit zunächst der Erhebung einer Anfechtungsklage seitens eines Anfechtungsberechtigten innerhalb der Anfechtungsfrist.

 

Rz. 14

Zur Anfechtung befugt ist jedes in der Generalversammlung erschienene Mitglied, sofern es gegen den Beschluss Widerspruch zum Protokoll erklärt hat (§ 51 Abs. 2 S. 1). Erforderlich ist somit zunächst, dass der Anfechtungskläger Mitglied der Genossenschaft ist. Die Mitgliedschaft muss notwendig bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung sowie noch im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehen (Bauer § 51 RN 134; Beuthien § 51 RN 25; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 51 RN 29; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 51 RN 19); allerdings genügt es, wenn der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger – z. B. als Erbe (§ 77) – die Anfechtungsbefugnis seines Rechtsvorgängers ausübt (LG Dortmund AG 1977, S. 109 f. für die AG). Mehrere Erben können das Anfechtungsrecht jedoch nur gemeinsam wahrnehmen (BGHZ 24, S. 119 ff., 124; BGH NJW 1966, S. 1459). Ist zum Zeitpunkt der Versammlung die Ausschlusserklärung bezüglich des Klägers bereits abgesandt, so besteht mangels Teilnahmebefugnis keine Anfechtungsbefugnis (§ 68 Abs. 4 S. 2, a. A.: Müller § 51 RN 73). Umstritten ist, ob die Mitgliedschaft nach Klageerhebung weiterhin fortbestehen muss. Nach zutreffender Auffassung ist dies zu verneinen (BGH ZIP 2006, S. 2167 zur AG; BGHZ 43, S. 261 ff., 266 = NJW 1965, S. 1378; BGH NJW 1969, S. 133 für die GmbH; Bauer § 51 RN 134; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 51 RN 29; a. A.: Beuthien § 51 RN 25; Müller § 51 RN 73). Dies folgt im Falle der Übertragung des Geschäftsguthabens bereits aus der entsprechenden Anwendung des § 265 ZPO (BGH LM Nr. 7 zu § 265 ZPO, Bauer § 51 RN 134; Beuthien § 51 RN 25), gilt jedoch auch darüber hinaus, sofern nach wie vor ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Durchführung des Anfechtungsprozesses besteht (BGHZ 43, S. 261 ff., 266; a. A.: Müller a.a.O). Tritt an die Stelle der Generalversammlung die Vertreterversammlung, so kommt das Anfechtungsrecht nur den erschienenen Vertretern zu.

 

Rz. 15

Die Anfechtungsbefugnis bedingt zudem, dass das Mitglied entweder persönlich oder durch einen Stimmrechtsvertreter zu irgendeinem Zeitpunkt an der Versammlung teilgenommen hat. Nicht erforderlich ist, dass es gerade zum Zeitpunkt der Abstimmung im Versammlungsraum anwesend ist. (Bauer § 51 RN 121; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 51 RN 30; Müller § 51 RN 76). Das Anfechtungsrecht besteht folglich auch dann, wenn das Mitglied erst nach erfolgter Abstimmung an der Versammlung teilnimmt. Im Übrigen besteht die Anfechtungsbefugnis unabhängig vom tatsächlichen Abstimmungsverhalten des Versammlungsteilnehmers. Das Anfechtungsrecht besteht folglich im Grundsatz auch dann, wenn der Berechtigte sich der Stimme enthalten oder dem angefochtenen Beschluss sogar zugestimmt hat (Bauer § 51 RN 127; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 51 RN 33; Müller § 51 RN 77 a). Allerdings ist im letzteren Falle zu prüfen, ob sich der Anfechtungskläger durch die Erhebung der Klage treuwidrig (§ 242 BGB) verhält oder sein widersprüchliches Verhalten durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (zustimmend: Bauer § 51 RN 127). Die Darlegungslast trifft insoweit den Kläger.

 

Rz. 16

Der Anfechtungsberechtigte oder sein Vertreter muss zudem Widerspruch zum Protokoll erklären. Dies kann sowohl vor als auch nach der Abstimmung und zwar bis zur Schließung der Generalversammlung durch deren Leiter erfolgen (RGZ 53, S. 291 ff., 292; LG Berlin ZIP 2007, S. 1992; Bauer § 51 RN 125). Dabei kommt es nicht auf die genaue Wortwahl an. Es genügt vielmehr, wenn der Erklärende deutlich macht, dass er mit dem Beschluss nicht einverstanden ist und diesem folglich widerspricht und dass er die Aufnahme in das Protokoll wünscht (Bauer § 51 RN 122; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 51 RN 31). Ein Hinweis auf eine mögliche Anfechtungsklage ist nicht erforderlich; zudem bedarf der Widerspruch keiner Begründung. Nach Auffassung des OLG Oldenburg (NJW 1975, S. 1790) soll in dem Widerspruch gegen die Entziehung des Stimmrechts nicht gleichzeitig ein Widerspruch gegen den nachfolgenden Beschluss zu sehen sein. Dies erscheint rechtsirrig. Vielmehr ergibt eine Auslegung der Erklärung des Widersprechenden gem. § 133 BGB, dass dieser sich regelmäßig gegen den ohne seine Mitwirkung gefassten Beschluss insgesamt wendet. Der Widerspruch muss auch nicht ausdrücklich erfolgen; es genügt vielmehr, wenn die Beanstandung gegen die Beschlussfassung erkennbar in der Erwartung ausgesprochen wird, diese werde protokolliert. Auf die tatsächliche Protokollierung kommt es demgegenüber nicht an, da es sonst in der Hand der Genossenschaft läge, die Anfechtungsbefugnis zu begründen (Bauer § 51 RN 123). Es ist dem Kläger somit möglich, den Nachweis des seine Klagebefugnis begründenden Widerspruchs auch im Wege des ...

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