1 Zweck der Regelung

 

Rz. 1

Die Bestimmung des § 48 beinhaltet die zwingende (§ 18 S. 2) Kompetenzzuweisung zugunsten der Generalversammlung sowohl hinsichtlich der Feststellung des Jahresabschlusses als auch hinsichtlich der Verwendung des Jahresüberschusses bzw. der Deckung eines Jahresfehlbetrags sowie bezüglich der Entlastung der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat. § 48 Abs. 4 S. 1 wurde durch das EHUG vom 10.11.2006 (BGBl. I S. 2553) geändert. Die ausschließliche Zuständigkeit der Generalversammlung gilt gem. § 49 auch hinsichtlich der Beschränkungen für Kredite (vgl. unten zu 6) sowie für der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil (§ 50), soweit die Satzung keine abschließende Regelung trifft (unten 7). Die angesprochenen Regelungsmaterien können weder einem anderen Genossenschaftsorgan übertragen noch an dessen Zustimmung geknüpft werden (Bauer § 48 RN 2, 49 RN 4, 50 RN 2; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff §§ 48 RN 2, 49 RN 1, 50 RN 5; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 48 RN 1). Im Kontext der Genossenschaftsnovelle 2017 (BGBl. I S. 2434) wurde Abs. 3 Satz 1 geändert. Die Änderung trägt der stärkeren Verbreitung des Internets Rechnung, indem es ausreicht, dass die zugunsten der Mitglieder offenzulegenden Unterlagen auf der Internetseite der Genossenschaft zugänglich sind. Der Anspruch eines jeden Mitglieds, auf seine Kosten eine Abschrift der Unterlagen zu verlangen, bleibt hiervon unberührt (BT-Drucks. 19/11506 zu Nr. 14).

2 Feststellung des Jahresabschlusses

2.1 Der Verfahrensablauf

 

Rz. 2

Über die Feststellung des Jahresabschlusses entscheidet die Generalversammlung – mangels einer entgegenstehenden Vorschrift der Satzung – durch Beschluss mit der (einfachen) Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Bauer § 48 RN 25). Dabei sind auch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat stimmberechtigt (RGZ 49, 126; Bauer a. a. O.; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff RN 11). Dies gilt selbstverständlich nicht bei Bestehen einer Vertreterversammlung (§ 43 a Abs. 2 S. 1). Die Satzung kann eine größere Mehrheit bestimmen. Mit der Feststellung werden der Jahresabschluss rechtlich verbindlich und die darin vorgesehenen bilanzpolitischen Maßnahmen wirksam. Insofern ist der Beschluss konstitutiver Natur. Von der Feststellung gilt es die Aufstellung des Jahresabschlusses zu unterscheiden. Diese liegt notwendig in den Händen des Vorstands (§ 33 GenG, §§ 242, 336 HGB). Dabei ergibt sich anhand der gesetzlichen Vorgaben eine stringente Abfolge der einzuhaltenden Verfahrensschritte:

 

Rz. 3

a) Der Vorstand ist verpflichtet, den Jahresabschluss, d. h. die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB) nebst Anhang in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres aufzustellen (§ 336 Abs. 1 S. 2 HGB) und gemeinsam mit dem Lagebericht sowie dem Vorschlag über die Ergebnisverwendung dem Aufsichtsrat zur Prüfung zuzuleiten.
b) Dieser hat den Jahresabschluss, den Lagebericht sowie den Vorschlag hinsichtlich der Ergebnisverwendung zu prüfen und den hierüber gefertigten schriftlichen Prüfungsbericht (§ 38 Abs. 1 S. 5) im Regelfall binnen Monatsfrist (vgl. § 171 Abs. 3 S. 1 AktG) dem Vorstand zu übersenden.
c) Die Generalversammlung ist von dem nach Gesetz (§ 44) oder Satzung (vgl. § 33 Abs. 1 MusterS) zuständigen Organ, Vorstand oder Aufsichtsrat bzw. Vorsitzender des Aufsichtsrats, zu einem Zeitpunkt innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres mit dem Tagesordnungspunkt: ›Feststellung des Jahresabschlusses und Beschlussfassung zur Ergebnisverwendung‹ einzuberufen.
d) Der Vorstand hat den Jahresabschluss, den Lagebericht sowie den Prüfungsbericht des Aufsichtsrats mindestens eine Woche vor Durchführung der Generalversammlung in den Geschäftsräumen der Genossenschaft oder einer anderen durch den Vorstand bekannt zu machenden geeigneten Stelle auszulegen, auf der Internetseite der Genossenschaft zugänglich zu machen oder den Mitgliedern sonst zur Kenntnis zu bringen (§ 48 Abs. 3 S. 1). Jedes Mitglied ist zudem berechtigt, auf seine Kosten eine Abschrift des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats zu verlangen (§ 48 Abs. 3 S. 2). In der Einladung zur Versammlung ist auf die Auslegung hinzuweisen.
e) Vor der Beschlussfassung durch die Generalversammlung ist der Prüfungsbericht des Aufsichtsrats zu verlesen und – soweit dies für das Verständnis erforderlich ist – gegenüber den Mitgliedern zu erläutern (§ 38 Abs. 1 S. 5). Den Mitgliedern ist dabei die Möglichkeit zu eröffnen, ergänzende Fragen zum Prüfbericht zu stellen (Bauer § 38 RN 71; Beuthien § 38 RN 5; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 38 RN 28; Müller § 38 RN 42).
f) Über die Feststellung entscheidet die Generalversammlung, soweit die Satzung nicht Abweichendes bestimmt, mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.
g) Der festgestellte Jahresabschluss ist gem. § 339 Abs. 1 S. 1 HGB zusammen mit dem Lagebericht und dem Prüfungsbericht des Aufsichtsrats seitens des Vorstands unverzüglich nach der Generalversammlung, jedoch spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag nachfolgenden Geschäftsjahrs, ...

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