Rz. 69

Besteht nach der Satzung eine Vertreterversammlung (§ 43 a), so können Mitglieder, auf deren Verlangen eine Vertreterversammlung einberufen wird, an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen (§ 45 Abs. 1 S. 2). Die im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2006 eingeführte Regelung bezweckt vor allem eine funktionale Verstärkung der Minderheitsrechte solcher ›einfachen‹ Mitglieder, die mangels Vertreteramt von der unmittelbaren Mitwirkung im Leitungsgefüge der Genossenschaft ausgeschlossen sind. Zwar kommt das Teilnahmerecht an der Vertreterversammlung grundsätzlich nur den gewählten Vertretern zu, doch gilt es zugleich zu gewährleisten, dass den Angehörigen der die Einberufung betreibenden Minderheit die Möglichkeit einer angemessenen Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess der Vertreterversammlung eröffnet wird. Dies bedingt nicht nur das Teilnahmerecht an der Versammlung, sondern zugleich das Rede- und Antragsrecht. Ein Stimmrecht kommt den Mitgliedern – mangels Organstellung – allerdings nicht zu und kann auch durch die Satzung nicht begründet werden. Zugleich ermächtigt § 45 Abs. 1 S. 3 im Interesse eines geordneten und zügigen Ablaufs der Versammlung die Genossenschaft, im Wege einer Satzungsregelung zu bestimmen, dass das Rede- uns Antragsrecht in der Vertreterversammlung nur von einem oder mehreren von den teilnehmenden Mitgliedern aus ihrem Kreis gewählten Bevollmächtigten ausgeübt werden kann (vgl. § 33 Abs. 5 S. 2 MusterS). Als Bevollmächtigte kommen folglich nur solche Personen in Betracht, die ihrerseits als Antragsteller an der Einberufung der Versammlung mitgewirkt haben. Eine Befugnis, sich durch sachverständige (Rechts-)Berater vertreten zu lassen, besteht folglich nicht. Die Bevollmächtigung hinsichtlich des Rede- und Antragsrechts kann seitens der Mitglieder jederzeit widerrufen und durch einen neuen ›Repräsentanten‹ ersetzt werden. Dies kann auch noch im Verlauf der Versammlung erfolgen. Im Übrigen besteht hinsichtlich der an der Versammlung teilnehmenden Angehörigen der Minderheit und ihrer Bevollmächtigten die gleiche Ordnungsbefugnis des Versammlungsleiters wie gegenüber den übrigen Teilnehmern (vgl. oben RN 60). Anders als das Rede- und Antragsrecht steht das Teilnahmerecht stets – unentziehbar – allen Angehörigen der Minderheit zu (Bauer § 45 RN 13 a; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 45 RN 4). Diese sind folglich nach Maßgabe von Gesetz und Satzung ordnungsgemäß zur Vertreterversammlung einzuladen (siehe oben RN 27).

 

Rz. 70

Gem. § 45 Abs. 2 S. 2 steht das Teilnahme-, Rede- und Antragsrecht auch solchen Mitgliedern zu, auf deren Verlangen Gegenstände zur Beschlussfassung angekündigt werden. Allerdings beschränkt sich diese Befugnis ausschließlich auf die Behandlung der angekündigten Beschlussanträge einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Erörterungen. Vor und nach der Behandlung der Beschlussanträge kommt den Vertretern der Minderheit und ihren Vertretern folglich kein Teilnahmerecht zu.

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