Rz. 46

Entsprechend § 39 Abs. 1 (§ 25 Abs. 2 S. 1 MusterS) wird die Genossenschaft bei Abschluss oder Änderung des Anstellungsvertrags mit den Vorstandsmitgliedern ausschließlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Dies steht seit der Änderung des § 39 Abs. 1 im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2006 außer Zweifel (Bauer § 24 RN 118; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 24 RN 48; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 24 RN 31; Beuthien GenG , § 39 RN 2). Die früher zum Teil vertretene gegenteilige Auffassung (Beuthien, GenG 14. Aufl. § 24 RN 14) ist somit obsolet. Folgerichtig kommt eine Vertretung durch die übrigen Vorstandsmitglieder bei Abschluss des Anstellungsvertrags nicht in Betracht. Dem entspricht auch die neuere Rechtsprechung des BGH (BGHZ 130, S. 108 ff., 111 f. = NJW 1995, S. 2559 ff.). Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut der Mustersatzung, welche die Vertretung gegenüber den Mitgliedern des Vorstands ausschließlich dem Aufsichtsrat zuweist (§ 25 Abs. 2 S. 1 MusterS), kommt eine ergänzende Kompetenz des Vorstandes ohnedies nicht in Betracht. Fehlt es bei ›Kleinstgenossenschaften‹ mit nicht mehr als 20 Mitgliedern nach der Satzung an einem Aufsichtsrat (§ 9 Abs. 1 S. 2), so erfolgt die Vertretung der Genossenschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrags durch einen von der Generalversammlung gewählten Bevollmächtigten (§ 39 Abs. 1 S. 2).

 

Rz. 47

Im Übrigen gilt es zu unterscheiden: Obliegt die Bestellung der Vorstandsmitglieder – mangels einer abweichenden Bestimmung der Satzung – der Generalversammlung, so ist der Aufsichtsrat hinsichtlich des Abschlusses und der inhaltlichen Ausgestaltung des Anstellungsvertrags grundsätzlich an die Bestellungsentscheidung der Generalversammlung gebunden. Er darf durch den (verfrühten) Abschluss des Dienstvertrags weder dem Bestellungsakt vorgreifen, noch den Beschluss des Mitgliederorgans durch unangemessene Anstellungsbedingungen konterkarieren. Nach der bisher geltenden Rechtslage konnte das Aufsichtsratsplenum die Entscheidung hinsichtlich des Anstellungsvertrags – anders als bezüglich der Bestellung (vgl. oben 5) – einem aus seiner Mitte gebildeten Ausschuss (§ 25 Abs. 4 MusterS) auch zur abschließenden Beschlussfassung übertragen. Dieser musste dabei – sofern ihm beschließende Funktion zukommt – mit mindestens drei Mitgliedern besetzt sein (BGHZ 65, S. 190 ff., 192 f.). Auch in diesem Rahmen kam allerdings der Bestellung gegenüber dem Anstellungsvertrag der Vorrang zu. Der Ausschuss hatte insofern die Entscheidung des Aufsichtsratsplenums bezüglich des ›Ob‹ der Bestellung abzuwarten und durfte dieser nicht vorgreifen (BGHZ 79, S. 41 ff.).

 

Rz. 48

Mit dem Inkrafttreten des ›Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung‹ (VorstAG) vom 31.07.2009 (BGBl. I, S. 2509) ist diese Sichtweise zumindest fraglich geworden. Nach § 107 Abs. 3 S. 3 AktG n. F. obliegt nunmehr die ›Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds‹ gem. § 87 Abs. 1 AktG stets dem Aufsichtsratsplenum. Dies ist Ausdruck einer im Lichte der Corporate-Governance-Debatte gestärkten Personal- und Überwachungsverantwortung des Aufsichtsrats. Angesichts der durchgängigen Förderorientierung der Genossenschaft liegt es nahe, diese Kompetenzzuweisung auch hinsichtlich der eG zur Geltung zu bringen. Eine Übertragung der Anstellungsbefugnis an einen Aufsichtsratsausschuss zur abschließenden Entscheidung kommt folglich nicht (mehr) in Betracht; es verbleibt insofern bei der – unentziehbaren – Zuständigkeit des Aufsichtsratsplenums (so zutreffend: Beuthien § 36 RN 28, § 39 RN 2; ders. NZG 2010, S. 333, FS Möschel S. 1136; Müller § 36 RN 108; a. A. Bauer § 24 RN 235; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 36 RN 47a).

 

Rz. 49

Der Anstellungsvertrag kann befristet oder unbefristet ausgestaltet sein. Erfolgt die Bestellung nach der Satzung oder dem Beschluss des Bestellungsorgans für eine bestimmte Frist, so darf der Anstellungsvertrag keine darüber hinaus reichende Laufzeit vorsehen und somit auf das Bestellungsorgan einen wirtschaftlichen Zwang hinsichtlich einer Wiederbestellung ausüben (vgl. § 21 Abs. 4 S. 1 MusterS). Vertragsabreden, die dem widersprechen, sind unwirksam. Allerdings kann der Anstellungsvertrag vorsehen, dass sich dieser im Falle einer wiederholten Bestellung entsprechend verlängert (Verlängerungsklausel), ohne dass es einer neuen Vereinbarung bedarf (vgl. § 84 Abs. 1 S. 5 AktG).

 

Rz. 50

Im Übrigen gilt es bezüglich der Befugnis des Aufsichtsrates deutlich zwischen der internen Willensbildung hinsichtlich der Anstellungsbedingungen und der organschaftlichen (Außen-) Vertretung (Abschlusskompetenz) gegenüber dem Vorstandsmitglied zu unterscheiden. Die Willensbildung liegt grundsätzlich in den Händen des Aufsichtsratsplenums. Diese setzt voraus, dass sämtlichen Mitgliedern des Aufsichtsrats im Zeitpunkt der Beschlussfassung alle für die Entscheidung maßgeblichen Unterlagen und Informationen, insbesondere hinsichtlich der Anstellungsbedingungen unter Einschluss der Vergütung, vorliegen. Auch die Vertr...

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