1 Allgemeines

 

Rz. 1

Mit § 22 GenG werden zwei unterschiedliche Bereiche geregelt: einerseits die Herabsetzung des Geschäftsanteils und die Verlängerung der Einzahlungsfrist, andererseits das Verbot der vorzeitigen Auszahlung des Geschäftsguthabens an die Mitglieder. Regelungszweck ist dementsprechend der Schutz des Förderkapitals, aber mittelbar auch der Gläubigerschutz.

2 Herabsetzung des Geschäftsanteils

 

Rz. 2

Die Höhe des Geschäftsanteils und die erforderliche Pflichteinzahlung sind gem. § 7 Nr. 1 GenG in der Satzung zu regeln. Aufgrund dessen kann die Herabsetzung des Geschäftsanteils oder die auf ihn zu leistenden Einzahlungen sowie die Verlängerung der für die Einzahlungen in der Satzung festgelegten Fristen (§ 22 Abs. 1 GenG) nur mittels Satzungsänderung erfolgen (§ 16 Abs. 4, 6 GenG). Der Beschluss ist mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen, soweit die Satzung nicht strengere oder mildere Erfordernisse aufstellt (Bauer § 22 RN 5; Beuthien § 22 RN 3). Zu beachten gilt es, dass die Herabsetzung nicht inhaltsgleich mit der Zerlegung von Geschäftsanteilen ist (§ 22 b RN 1 f.).

 

Rz. 3

Der wesentliche Inhalt des satzungsändernden Beschlusses ist gem. § 22 Abs. 1 GenG durch das Registergericht bei der Bekanntmachung der Eintragung in das Genossenschaftsregister (§ 156 Abs. 1 Satz 2 GenG) anzugeben. In dieser Bekanntmachung hat das Registergericht auch den Gläubigeraufruf nach § 22 Abs. 2 GenG vorzunehmen. Die Anmeldung hat durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl elektronisch in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen (vgl. § 157 RN 3).

 

Rz. 4

Gläubigern, die sich innerhalb von sechs Monaten nach der Bekanntmachung des Herabsetzungsbeschlusses melden, ist Sicherheit zu leisten (§ 22 Abs. 2 Satz 1 GenG). Es handelt sich hierbei um eine selbstständige, einklagbare Anspruchsgrundlage. Nach Ablauf dieser Frist, die durch die eG weder verkürzt noch verlängert werden kann (§ 18 Satz 2 GenG), erlischt der Anspruch. Die Art der Sicherheitsleistung richtet sich nach den §§ 232 bis 240 BGB, wobei das Wahlrecht der eG zusteht. Sicherungsberechtigt ist nur derjenige Gläubiger, dessen Forderung zum Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung bereits begründet war. Dabei ist unbeachtlich, ob die Forderung bedingt, befristet oder von einer Gegenleistung abhängig ist (Holthaus/Lehnhoff in Lang/Weidmüller § 22 RN 5; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 22 RN 3). Der Forderung können sowohl vertragliche als auch gesetzliche Ansprüche zugrunde liegen. Voraussetzung ist allein, dass die Forderung einen Geldwert hat (ausführlich Bauer § 22 RN 13 f.). Die Forderung darf allerdings noch nicht fällig sein, da der Gläubiger in diesem Fall bereits Erfüllung verlangen kann und es keiner zusätzlichen Sicherheit mehr bedarf.

 

Rz. 5

Zudem ist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 GenG eine Sicherheitsleistung zugunsten jener Gläubiger ausgeschlossen, die das Recht auf vorzugsweise Befriedigung im Insolvenzfall aus einer gesetzlich errichteten oder staatlich überwachten Deckungsmasse haben. In diesen Fällen bedarf es keiner zusätzlichen Sicherheitsleistung, weil diese Gläubiger anderweitig ausreichend abgesichert sind. Als Deckungsmasse i. S. d. § 22 Abs. 2 Satz 2 GenG kommen z. B. Entschädigungen nach dem Einlagen- und Anlegerentschädigungsgesetz oder das Sicherungsvermögen eines Versicherungsunternehmens für Versicherungsansprüche nach den §§ 77, 77 a VVAG in Betracht. Der Beschluss wird mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister wirksam (§ 16 Abs. 6 GenG). Gleichwohl können sich diejenigen Mitglieder, die im Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses der eG angehörten, erst auf die Herabsetzung des Geschäftsanteils oder der Pflichteinzahlungen und auf eine Fristverlängerung berufen, wenn der Gläubigeraufruf nach § 22 Abs. 2 GenG erfolgt ist und den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Sicherheit geleistet oder diejenigen Gläubiger, die es verlangen konnten, befriedigt wurden (§ 22 Abs. 3 GenG). Für die Mitglieder werden die Folgen des Herabsetzungsbeschlusses erst nach Ablauf der sechsmonatigen Gläubigermeldefrist nach § 22 Abs. 2 GenG oder erfolgter Sicherheitsleistung gegenüber den Gläubigern wirksam (Beuthien § 22 RN 11).

3 Gebot der Kapitalerhaltung

 

Rz. 6

Nach § 22 Abs. 4 GenG darf das Geschäftsguthaben – aus Gründen der Kapitalerhaltung – nicht ausgezahlt werden, solange das Mitglied nicht ausgeschieden ist. Erst nach dem Ausscheiden besteht ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens (§ 73 GenG). Ein höheres Guthaben stellt nach einer Herabsetzung des Geschäftsanteils – unter den Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 – kein Geschäftsguthaben im engeren Sinne dar, sodass § 22 Abs. 4 Satz 1 GenG der Auszahlung dieses überschießenden Betrags auch nicht entgegensteht. Der Anspruch ist selbstständig abtretbar, pfändbar und verpfändbar. Auszahlungen können jedoch nur erfolgen, soweit das Geschäftsguthaben höher ist als der Gesamtbetrag der übernommenen Geschäftsanteile. Die Satzung kann dahingehend geändert werden, als dass ein weiterer Geschäftsanteil zu diesem Zweck übe...

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