Leitsätze (amtlich)

  1. Soweit die einem Beteiligten an einem Umlegungsverfahren zugeteilten Grundstücke mit ihm schon vorher gehörenden Einwurfgrundstücken identisch, d.h. flächen- und deckungsgleich sind, wird kein der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang verwirklicht (Bestätigung des BFH-Urteils vom 29.10.1997, II R 36/95, BStBl II 1998, S. 27 = INF 1998, S. 92).
  2. Soweit die zugeteilten Flächen mit den Einwurfgrundstücken nicht identisch sind, handelt es sich zwar um grunder-werbsteuerbare Vorgänge, die jedoch nach § 1 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG 1983 von der Grunderwerbsteuer befreit sind, wenn die Eigentumsänderung nach dem BauGB durch Ausspruch der Behörde erfolgt und der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. Die Herausnahme solcher Grundstückszuteilungen aus der Steuerbefreiung, für die der neue Eigentümer eine Geldleistung zu erbringen hat, weil er keinen oder keinen wertgleichen Grundstücksverlust im Umlegungsgebiet erlitten hat, wird nicht aufrechterhalten (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 1.8.1990, II R 6/88, BStBl II 1990, S. 1034).
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Stadt. Im Mai 1993 trat ein Umlegungsplan für ein auf dem Gebiet der Klägerin gelegenes Umlegungsgebiet von 34 547 qm in Kraft. Der Klägerin wurden Flurstücke von insgesamt 27 206 qm zugeteilt. Davon entfielen 8 146 qm auf öffentliche Straßen und Plätze. Die der Klägerin zugewiesenen neu gebildeten Flurstücke sind bis auf wenige Quadratmeter flächenidentisch mit den von ihr in die Umlegungsmasse eingeworfenen Flurstücken. Die Anspruchs- und Zuteilungsberechnung (Flächenumle-gung) erfolgte für die Klägerin als Eigentümerin im Umlegungsverzeichnis wie folgt: Es wurde eine eingeworfene Fläche von 17 058 qm festgestellt; hiervon wurde der 30 %ige Flächenbeitrag von 5117 qm abgezogen. Daraus wurde ein "Anspruch" von 11941 qm errechnet. Als zugeteilt wurde eine Fläche von 19 060 qm angegeben. Dies ergab eine Mehrzuteilung von 7119 qm. Die der Klägerin für öffentliche Straßen und Plätze zugeteilte Fläche von 8 146 qm war bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Das Finanzamt ging von einem Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren aus und besteuerte die Mehrzuteilung von 7 119 qm. Ausgehend von einem Grundstückswert von 130 DM/ qm führte dies zu einer Bemessungsgrundlage von 925 470 DM. Im Einspruchsverfahren wurde der GrESt-Be-scheid geändert und die GrESt nach einer Bemessungsgrundlage von 490 499 DM festgesetzt. Das Finanzamt ging dabei von einer Flächenidentität der eingebrachten Flurstücke mit den zugewiesenen Flächen von 47 % aus. Das FG wies die Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des GrESt-Bescheids begehrte, ab[1]. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

  1. Soweit die der Klägerin im Umlegungsverfahren zugeteilten Grundstücke mit den ihr schon bisher gehörenden Grundstücksflächen identisch sind, liegt kein der GrESt unterliegender Erwerbsvorgang vor. Ein solcher Vorgang wird dann und insoweit nicht verwirklicht, als die von einem Beteiligten zugeteilten Grundstücke mit seinen ihm schon vor dem Umlegungsverfahren gehörenden Einwurfgrundstücken identisch, d.h. flächen- und deckungsgleich sind[2].
  2. Soweit die der Klägerin zugeteilten Flächen mit den ihr schon bisher gehörenden Flächen nicht flächen- und deckungsgleich sind, handelt es sich um grunder-werbsteuerbare Vorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG 1983. Diese Erwerbsvorgänge sind jedoch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG 1983 steuerfrei. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist die Befreiung nur an die Voraussetzungen geknüpft, dass es sich um einen Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem BauGB handelt und der Erwerber in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Nach der früheren Rechtsprechung des Senats sollten allerdings solche Grundstückszuteilungen steuerpflichtig sein, für die der neue Eigentümer eine Geldleistung zu erbringen hatte, da er keinen oder keinen wertgleichen Grundstücksverlust im Umlegungsgebiet erlitten hat[3]. An dieser Auffassung hält der Senat jedoch nicht mehr fest. Vielmehr sind alle in einem förmlichen Umlegungsverfahren nach dem BauGB durch Ausspruch einer Behörde erfolgenden Eigentumsänderungen an Grundstücken, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist, von der Steuer befreit. Die vom Senat bisher vertretene enge Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift, die in deren Wortlaut selbst keinen Anhalt findet, lässt sich nicht daraus ableiten, dass das Umlegungsverfahren vom Tauschprinzip beherrscht werde. Zwar ist in § 57 Satz 2 BauGB der Grundsatz der wertgleichen Abfindung in Land verankert. Jedoch sind bei jeder konkreten Entscheidung über die Zuteilung von Grundstücken weitere Prinzipien des BauGB von der ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen