Alle Vereinbarungen ­beurkunden

Der gesamte Vertragsinhalt bedarf der Form des § 311b Abs. 1 BGB. Zu beurkunden sind daher alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragssteile einen Bestandteil des auf die Veräußerung bzw. den Erwerb gerichteten Vetrags bilden. Alle anlässlich eines Grundstückskaufvertrags getroffenen Abreden – gleichgültig ob wichtig oder nebensächlich – sind demnach formbedürftig. Hierher gehören insbesondere Absprachen über Anzahlungen, Übertragung von Zubehör, Zahlung eines Nutzungsentgelts bei verspäteter Übergabe oder Vereinbarungen zu Renovierungsleistungen.

Heilung der Nichtigkeit

Ist eine beurkundungsbedürftige Vereinbarung nicht beurkundet, ist sie nichtig (§ 125 BGB). Ob damit das ganze Rechtsgeschäft unwirksam ist, richtet sich nach § 139 BGB. Ein formungültig geschlossener Vertrag wird jedoch seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und Eintragung in das Grundbuch erfolgen (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB), sofern die Willensübereinstimmung bis zur Auflassung fortbesteht.[1] Die Nichtigkeit wird geheilt.

Vorverträge sind form­bedürftig

Vorverträge sind stets formbedürftig.[2] Werden im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags von einem Vertragspartner Rechte und Pflichten aus einem anderen bestehenden Vertragsverhältnis übernommen, ist nur der Eintritt bzw. die Übernahme als solche beurkundungspflichtig, nicht jedoch die übernommenen Rechte und Pflichten.

Der auf Beschaffung eines Grundstücks gerichtete Auftrag oder der Geschäftsbesorgungsvertrag ist zwar nicht im Hinblick auf die gesetzliche Herausgabeverpflichtung des Beauftragten gem. § 311b Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB beurkundungspflichtig. Die Beurkundungspflicht folgt aber daraus, dass regelmäßig für den Auftraggeber eine bedingte Erwerbspflicht begründet wird, da er das wirtschaftliche Risiko trägt, dem Beauftragten die gesamten Aufwendungen ersetzen muss (§ 670 BGB) und daher faktisch zum Grundstückserwerb gezwungen ist.[3]

Unwiderruf­liche Vollmacht muss beurkundet­ werden

Die Erteilung einer unwiderruflichen oder in untrennbarem rechtlichen Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag erteilte Vollmacht ist beurkundungsbedürftig.[4] Formbedürftig ist auch der der unwiderruflichen Vollmacht zugrunde liegende Vertrag, da das Widerrufsrecht nur durch ihn, nicht durch eine einseitige Erklärung des Vollmachtgebers ausgeschlossen werden kann.[5]

Auch widerrufliche Vollmachten, die eine rechtliche oder tatsächliche Bindung des Vollmachtgebers begründen, sind beurkundungsbedürftig. Dabei ist entscheidend, ob nach den Einzelumständen, insbesondere nach dem der Bevollmächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis eine Bindung besteht, wie beispielsweise dort, wo der Vollmachtgeber den Weisungen des Bevollmächtigten zu folgen hat.[6]

Die Formpflicht erstreckt sich nicht nur auf die Veräußerungs- und Erwerbsverpflichtung. Vielmehr sind im Grundsatz alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragsparteien das schuldrechtliche Geschäft zusammensetzt, zu beurkunden. Eine Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Vereinbarungen ist nicht möglich.

Nebenabreden sind form­bedürftig

Beurkundungsbedürftig sind insbesondere auch sog. Nebenabreden, z. B. über Renovierungspflichten, Mitverkauf von beweglichen Gegenständen, Vertragsstrafen bei verspäteter Räumung etc. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Beurkundungsbedürftigkeit einer Abrede bereits dadurch begründet, dass der eine Vertragsteil die Abrede zum Vertragsbestandteil machen will und der andere dies erkannt und hingenommen hat.[7]

Welche Vereinbarungen im Einzelnen im Zusammenhang mit einem beurkundungspflichtigen Geschäft zu beurkunden sind (Umfang der Formpflicht), wird von der Rechtsprechung in Anlehnung an die beschriebenen Normziele für den jeweiligen Einzelfall beantwortet.

[1] BGH, Urteil v. 21.9.1994, VIII ZR 257/93, BGHZ 127 S. 129, 136; BGH, Urteil v. 15.10.1993, V ZR 19/92, NJW 1994 S. 586, 588.
[2] BGH, Urteil v. 27.6.1988, II ZR 143/87, NJW 1989 S. 166; OLG Jena, Urteil v. 18.4.1995, 5 U 921/94, OLG-NL 1995 S. 230 ff.
[3] BGH, Urteil v. 7.10.1994, V ZR 102/93, BGHZ 127 S. 168, 175; BGH, Urteil v. 8.11.1984, III ZR 132/83, NJW 1985 S. 730; BGH, Urteil v. 2.5.1996, III ZR 50/95, NJW 1996 S. 1960.
[4] BGH, Urteil v. 11.11.1983, V ZR 211/82, BGHZ 89 S. 41, 47; BGH, Urteil v. 9.7.1993, V ZR 144/91, NJW-RR 1993 S. 1421.
[5] BGH, NJW 1997 S. 312; BayObLG, Beschluss v. 14.3.1996, 2Z BR 121/95, NJW-RR 1996 S. 848.
[6] OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 28.11.1978, 20 W 862/78, RPfleger 1979 S. 133.
[7] BGH, Urteil v. 6.12.1979, VII ZR 313/78, BGHZ 76 S. 43, 49; BGH, Urteil v. 6.11.1980, VII ZR 12/80, BGHZ 78 S. 346, 349 und BGH, Urteil v. 6.11.1981, V ZR 138/80, NJW 1982 S. 434.

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