Gestufter Anspruchs­katalog

Nach dem neuen, für ab dem 1.1.2002 abgeschlossene Verträge, geltenden Recht hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB n. F.). Die bisherigen §§ 440 und 441 BGB über die Rechte des Käufers bei einem Rechtsmangel gehen in dem neuen System der Mängelhaftung des Verkäufers auf. Im Kaufvertrag übernommene Rechte stellen keinen Rechtsmangel dar (§ 435 BGB n. F.). Dadurch wird die Lieferung einer mangelfreien Sache zu einer vertraglichen Pflicht, deren Verletzung eine Pflichtverletzung i. S. d. Grundtatbestands des Leistungsstörungsrechts in § 280 BGB ist. Folgerichtig steht dem Käufer bei einem Rechtsmangel wie bei einem Sachmangel ein Anspruch auf Nacherfüllung gem. § 439 BGB zu.

Von dem im Grundstückskaufvertrag bisher regelmäßig verwendeten Begriff der "Gewährleistung" muss Abschied genommen werden. Die Verschaffung der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln wird im neuen Recht zur vertragstypischen Pflicht beim Kaufvertrag. Das besondere Gewährleistungsrecht für Sachmängel in den bisherigen §§ 459 ff. BGB und für Rechtsmängel in den bisherigen §§ 434 ff. BGB fällt weg. An die Stelle tritt ein gestufter Katalog der Ansprüche und Rechte des Käufers in § 437 BGB, der für Rechts- und Sachmängel in gleicher Weise gilt. Der Käufer kann nunmehr

  • Anspruchs-katalog

    Nacherfüllung verlangen,

  • bei deren Scheitern vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern und
  • Schadensersatz verlangen (auch nach Rücktritt oder Minderung),

wenn der Verkäufer die Lieferung der mangelhaften Sache (Pflichtverletzung) zu vertreten hat.

Neu ist, dass der Käufer nach erfolgloser Fristsetzung auch wegen eines Rechtsmangels zur Minderung berechtigt ist (§ 441 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gelingt es dem Verkäufer nicht, dem Käufer das Eigentum am Grundstück frei von einem eingetragenen Recht zu verschaffen, hatte der Käufer bisher nur die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten. Handelt es sich bei dem eingetragenen Recht etwa um eine Dienstbarkeit (Wege- oder Leitungsrecht), das den Käufer in der wirtschaftlichen Nutzung nur unerheblich beeinträchtigt, ist der Käufer regelmäßig nicht an einem Rücktritt vom Vertrag interessiert, sondern eher an einer Herabsetzung des Kaufpreises.

Kenntnis des Mangels

Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für das Vorhandensein einer Eigenschaft übernommen hat (§ 442 Abs. 1 BGB). Die Erklärung des Käufers, dass die bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse ihm bekannt seien, kann hinsichtlich der Kenntnis des Rechtsmangels zu einer Beweislastumkehr zulasten des Käufers führen.[1] Im Grundbuch eingetragene Rechte hat der Verkäufer auch dann zu beseitigen, wenn der Käufer um deren Bestehen weiß (§ 442 Abs. 2 BGB).

Zwangssicherungshypotheken und überhaupt dingliche Rechte, die im Rang nach der Eigentumsvormerkung des Käufers ohne dessen Mitwirken eingetragen werden, stellen einen Rechtsmangel dar, dessen Beseitigung der Käufer verlangen kann. Sie berechtigen ihn dazu, die Zahlung des Kaufpreises zu verweigern. Der Verkäufer kann den Käufer nicht darauf verweisen, dass diese Belastungen vormerkungswidrig und relativ (nur ihm gegenüber) unwirksam seien (§ 883 Abs. 2 BGB) und er selbst deshalb deren Löschung gem. § 888 BGB betreiben könne.[2]

[1] BGH, Urteil v. 2.10.1987, V ZR 105/86, DNotZ 1988 S. 308.
[2] BGH, Urteil v. 8.11.1985, V ZR 153/84, DNotZ 1986 S. 275.

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