Den Übergang eines Grundstücks von einer "alten" auf eine "neue" Personengesellschaft fingiert § 1 Abs. 2a GrEStG, wenn sich innerhalb von 10 Jahren der Gesellschafterbestand der "alten" Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen.

Personengesellschaft

Personengesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG sind insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG einschließlich der GmbH & Co. KG) und die Partnerschaftsgesellschaft (PartG). Ausländische Personengesellschaften, deren rechtliche Struktur den inländischen Personengesellschaften entspricht und zu deren Vermögen inländische Grundstücke i. S. d. § 2 GrEStG gehören, werden von der Vorschrift ebenfalls erfasst.[2]

 
Praxis-Beispiel

Gesellschafterwechsel

Gesellschafterwechsel

A und B sind zu je 50 % an einer grundbesitzenden OHG beteiligt. Innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren verkauft A seinen kompletten Anteil an X und B 40 % an Y (jeweils Anteile am Gesellschaftsvermögen). Im Ergebnis sind X mit 50 %, Y mit 40 % und B mit 10 % beteiligt.

Lösung

Es sind 90 % der Anteile am Vermögen der OHG auf neue Gesellschafter (X und Y) übergegangen. Somit ist § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt.

Auch mittelbare Veränderungen der Vermögensbeteiligungen sind zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass sich die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, zu mindestens 90 % ändern. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die mittelbare Beteiligung über eine weitere Personengesellschaft oder aber über eine Kapitalgesellschaft gehalten wird.

Durch die Ergänzung des § 1 Abs. 2a GrEStG[3] um die Sätze 2–5 ist gesetzlich festgeschrieben, dass Kapitalgesellschaften bei mittelbaren Änderungen im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG intransparent zu betrachten sind. Personengesellschaften werden wie schon nach bisheriger Verwaltungsauffassung transparent behandelt. Für die Überprüfung, ob eine mittelbare Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft (mehrstöckige Personengesellschaft) die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt, sind die Beteiligungsverhältnisse durchzurechnen.[4]

Gehen dagegen bei einer Kapitalgesellschaft, die an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, mind. 90 % der Anteile auf neue Anteilseigner über, so ist die Beteiligung der Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft in voller Höhe bei der Ermittlung des Prozentsatzes zu berücksichtigen. Hierbei ist auf jeder Beteiligungsebene gesondert zu rechnen. Auch hier ist die 10-Jahres-Frist zu beachten.[5]

Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes von 90 % bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

 
Praxis-Beispiel

Mittelbarer Gesellschafterwechsel – 1

Mittelbarer Gesellschafterwechsel

Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist mit 10 % eine GmbH, an der X und Y zu je 50 % beteiligt sind. Kommanditisten der KG sind A und B zu je 45 % Beteiligung. A und B übertragen je 40 % Kommanditanteile auf C.

Lösung

Es sind lediglich 80 % der Gesellschaftsanteile an der KG übertragen. Kein steuerbarer Vorgang.

Alternative

X und Y übertragen zusätzlich ihre GmbH-Anteile von jeweils 50 % auf D.

Lösung

Der Wechsel im Gesellschafterbestand der GmbH ist mit dem unmittelbaren Gesellschafterwechsel zusammenzurechnen, weil sich die Beteiligungsverhältnisse der GmbH zu mindestens 90 % (hier: genau 100 %) geändert haben. Die GmbH gilt damit als Neugesellschafterin i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG, da an ihr mindestens 90 % (hier: 100 %) der Anteile auf neue Anteilseigner übergegangen sind. § 1 Abs. 2a GrEStG ist jetzt erfüllt.

 
Praxis-Beispiel

Mittelbarer Gesellschafterwechsel – 2

A ist zu 80 % an der grundbesitzenden ABC-OHG beteiligt. Die restlichen Anteile halten B (5 %) und die C-GmbH (15 %). A überträgt seinen Anteil auf D, der noch im selben Jahr sämtliche Anteile an der C-GmbH übernimmt.

Lösung

D ist nach dem Anteilserwerb von A als Neugesellschafter zu 80 % unmittelbar an der OHG beteiligt. Da er auch alle Anteile an der C-GmbH übernommen hat, gilt die C-GmbH als neue Gesellschafterin, § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG. Es hat damit eine wesentliche Änderung im Gesellschafterbestand stattgefunden. Es wurden insgesamt mindestens 90 % (hier: 95 %) der Anteile auf Neugesellschafter übertragen. § 1 Abs. 2a GrEStG ist erfüllt.

 
Praxis-Beispiel

Anderweitige Zurechnung

Anderweitige Zurechnung der Anteile – Anwendung des § 39 AO

Ein neuer Gesellschafter erlangt durch den Erwerb eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft eine vermögensmäßige Beteiligung von 89,9 % an dieser Gesellschaft. Gleichzeitig wurde ihm hinsichtlich des Restanteils von 10,1 %, der zivilrechtlich beim Veräußerer verbleiben sollte, eine Kaufoption mit fest vereinbartem Kaufpreis eingeräumt und die auf diesen Anteil entfallenden zukünftigen Gewinne abgetreten.

Lösung

We...

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