Zusammenfassung

 
Überblick

Die EU-Kommission schreibt dem Finanzsystem eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer nachhaltigeren Wirtschaft zu. Sie hat deshalb einen Aktionsplan entwickelt, um das Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu verankern. Was kommt auf die Wohnungsunternehmen zu?[1]

[1] DW-Ausgabe 04/2021, S. 78 f.: Gebhardt, Grüne Finanzierung – Baustein der Nachhaltigkeit

1 Einführung

Der EU-Aktionsplan spezifiziert eine Strategie, um die Themen Finanzen und Nachhaltigkeit zu verknüpfen. Er sieht einen Katalog verschiedener Maßnahmen vor.

Die Ziele des EU-Aktionsplans lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen (siehe Abbildung):

  • Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen lenken,
  • finanzielle Risiken managen, die sich aus ökologischen und sozialen Problemen ergeben (Einbettung in das Risikomanagement) und
  • Transparenz und Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit fördern.

2 Klassifikationssystem für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten

Zu den wichtigsten Maßnahmen des EU-Aktionsplans gehören:

  • die Erstellung eines klaren und detaillierten EU-Klassifikationssystems für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten (EU-Taxonomie, siehe Kasten),
  • die Einführung eines EU-Labels für grüne Finanzprodukte,
  • die Stärkung der Transparenz von Unternehmen hinsichtlich ihrer Umwelt-, Sozial- und Governance- Politik (ESG), indem Berichtspflichten der Unternehmen angepasst werden,
  • die Einführung eines "Green Supporting Factors" in die EU-Aufsichtsregeln für Banken und Versicherungen.
 

EU-Taxonomie und Bankenfinanzierung

Die Taxonomie stellt den Rahmen für die Beurteilung von Wirtschaftstätigkeiten und soll schrittweise in die EU-Rechtsvorschriften integriert werden. Sie entfaltet für Banken direkte Auswirkungen auf die Refinanzierung über Green Bonds und ist damit mittelbar relevant für die zugrundeliegenden grünen Kredite. Sie wird somit ein zentrales Element der Steuerung in den Banken und hat direkte Auswirkung auf zukünftige Finanzierungen.

3 Ökologische Nachhaltigkeit steht derzeit im Fokus

Grundsätzlich umfasst der EU-Aktionsplan alle drei Dimensionen von Nachhaltigkeit, also Ökologie, Soziales und Ökonomie. Aktuell konzentriert sich die Gesetzgebung aber auf das erste Kriterium – die ökologische Nachhaltigkeit. Dabei werden folgende sechs Umweltziele verfolgt:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling,
  • Vermeidung und Reduktion der Umweltverschmutzung,
  • Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme,
  • Vereinbarkeit mit einem Mindestschutz von Arbeitnehmern.

4 Festlegung von Screening-Kriterien durch die EU-Taxonomie-Verordnung

Der Entwurf der EU-Kommission für einen delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung (Taxonomie) definiert aktuell insbesondere für die ersten beiden Punkte technische Screening-Kriterien. Dies sind Schwellenwerte, die erfüllt sein müssen, damit eine Aktivität als nachhaltig ("Grün") anzusehen ist.

Für die Wohnungswirtschaft sind vor allem die Screening-Kriterien interessant, die im Zusammenhang mit der Finanzierung von Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen stehen. Nach der Taxonomie soll ein Neubau zukünftig nur dann einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten, wenn der Primärenergiebedarf des Gebäudes um mindestens 20 % unter dem Schwellenwert des jeweiligen nationalen Niedrigstenergiegebäudes liegt.

In der Praxis würde dies bedeuten, dass mindestens ein KfW-Effizienzhausstandard 55 erreicht werden müsste, um die Anforderungen zu erfüllen. Aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist dieses Kriterium nicht geeignet. Gegenüber der EU-Kommission wurde gefordert, dass vielmehr auf die Verringerung von CO2-Emissionen im Rahmen einer Quartiers- und Nutzenorientierung gesetzt werden sollte, um die Klimaschutzziele im Gebäudebestand zu erreichen.

5 Berichterstattungspflichten für Unternehmen

Bisher sind nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten von der Berichtspflicht (nichtfinanzielle Erklärung) betroffen. Diese Unternehmen werden zukünftig verpflichtet, für ihren Umsatz, die Ausgaben und Investitionen, den Anteil der nachhaltigen wirtschaftlichen Aktivität im Sinne der Taxonomie anzugeben. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob die Berichtspflichten auch auf alle anderen Unternehmen ausgedehnt werden sollten.

6 Zukünftige Berichterstattungspflichten für Banken

Zukünftig müssen Banken offenlegen, wie nachhaltig ihre Finanzierungen im Sinne der Taxonomie sind. Dazu werden Daten von den Unternehmen benötigt, an die die Finanzierungen ausgereicht wurden. Auf Basis dieser Daten kann dann beurteilt werden, wie hoch der Anteil der wirtschaftlichen Tätigkeiten ist, die laut Taxonomie nachhaltig sind. Banken können sich aber auch gegen eine Offenlegung entscheiden. In diesem Fall muss die Finanzierung mit dem Hinweis versehen werden, dass die Taxonomie nicht berücksichtigt wird.

7 Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft

Bei Immobilien hat sich die EU-Kommission im Rahmen der Taxonomie-Verordnung auf die Themen Neubau, den Erwerb und die Sanierung von Immobilien konzentriert. Ziel ist es, perspektivisch nur noch energiesparende und ressourceneffiziente Gebäude als zulässige, nachhaltige Anlagegegenstände zu klassifizieren.

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