Leitsatz

Erwirbt der Miterbe in der Zwangsversteigerung das von ihm zu ½ geerbte Grundstück, so stellt sich für die Beurteilung eines gewerblichen Grundstückshandels nur der Erwerb des hälftigen Anteils des anderen Miterben als Anschaffungsgeschäft dar.

 

Sachverhalt

Ärztin A erbte im Jahr 1979 gemeinsam mit ihrer Schwester ein Grundstück von ihrer Mutter, das mit einem 1893 errichteten Wohn- und Geschäftshaus bebaut war. Als einer der Gläubiger der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte die Zwangsvollstreckung betrieb, erhielt A im Oktober 1987 den Zuschlag für das gesamte Grundstück. Im Sommer 1991 beantragte A die Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen für die einzelnen Wohnungen und Gewerberäume. Im November 1991 gab sie die Teilungserklärung ab. In den Jahren 1991 bis 1997 veräußerte sie 18 der 20 Einheiten. Das Finanzamt nahm hinsichtlich des gesamten Grundstücks einen gewerblichen Grundstückshandel an. Das FG gab der Klage teilweise statt und begrenzte den gewerblichen Grundstückshandel auf den von der Schwester erworbenen Anteil.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der A als unbegründet zurück und ging ebenfalls von einem gewerblichen Grundstückshandel aus. Ein solcher liegt auch vor, wenn ein Mietwohngrundstück erworben wird, die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und dann in zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb und der Aufteilung veräußert werden. Der Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren durch A hat hier zwar zivilrechtlich zum originären Erwerb des Eigentums an dem Grundstück geführt, obwohl A bereits Miteigentümerin war. Einkommensteuerrechtlich kann allerdings – ähnlich wie bei einer Teilungsversteigerung[1] – nur insoweit ein entgeltlicher Erwerb angenommen werden, als A den ihr noch nicht gehörenden Miteigentumsanteil hinzuerworben hat. Mit der anschließenden Aufteilung des Grundstücks in Eigentumswohnungen und dem Verkauf von 18 Einheiten, davon fünf Einheiten in einem Zeitraum von etwas mehr als fünf Jahren nach Erwerb, hat A die Grenze privater Vermögensverwaltung überschritten. Dabei hatte A bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht. Denn für sie war nach den bindenden Feststellungen des FG von vornherein absehbar, dass eine durchgreifende Instandsetzung des Grundstücks nur durch die Veräußerung von Eigentumswohnungen finanziert werden konnte.

 

Praxishinweis

Da das Finanzamt keine Revision eingelegt hatte, musste der BFH nicht darüber befinden, ob auch der ererbte Grundstücksanteil in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen war. Das FG hatte dies verneint, weil insoweit der erforderliche Anschaffungstatbestand gefehlt habe. Dem könnte ohne Bedenken zugestimmt werden, wenn man den ererbten Grundstücksteil isoliert betrachtet. Denn der gewerbliche Grundstückshandel setzt außer der Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze auch eine Zeitnähe zwischen Anschaffung und Veräußerung voraus. Erst diese indiziert eine "Anschaffung zur Weiterveräußerung", also die Veräußerungsabsicht. Davon kann bei einem ererbten Grundstück sicher nicht ausgegangen werden. Fraglich könnte indes sein, ob nicht wegen der hier vorliegenden einheitlichen Gesamtmaßnahme (Instandsetzung, Aufteilung und Veräußerung), die beide ideellen Grundstücksteile, also den angeschafften und den ererbten Grundstücksteil, gleichermaßen umfasst, insgesamt ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.09.2004, XI R 47, 48/03

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