Leitsatz

Veräußert der Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein von ihm erworbenes unaufgeteiltes Mehrfamilienhaus an "seine GmbH", die er zur Aufteilung bevollmächtigt und die die entstandenen vier Eigentumswohnungen noch im selben Jahr an verschiedene Erwerber veräußert, so können die Aktivitäten der GmbH nur dann dem Anteilseigner zugerechnet werden, wenn die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs vorliegen. Für einen Gestaltungsmissbrauch kann insbesondere neben weiteren Umständen sprechen, dass die Mittel für den an den Anteilseigner zu entrichtenden Kaufpreis zu einem erheblichen Teil erst aus den Weiterverkaufserlösen zu erbringen sind.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige erwarb 1991 ein Mietwohngrundstück für 250000 DM und veräußerte dieses 1994 für 1 Mio. DM an eine GmbH, deren Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer er war. Die GmbH veräußerte die vier Wohnungen 1994 für insgesamt 1270000 DM an verschiedene Erwerber. Das Finanzamt rechnete die vier Veräußerungen dem Steuerpflichtigen zu und nahm insoweit einen gewerblichen Grundstückshandel an.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigt ebenfalls die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels. Bei Vor- bzw. Zwischenschaltung einer GmbH wird die Negierung der Kapitalgesellschaft unter folgenden Gesichtspunkten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, als möglich angesehen:

  • unmittelbarer Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft,
  • unmittelbare bzw. mittelbare Tatbestandsverwirklichung,
  • Gesamtbildbetrachtung,
  • Gestaltungsmissbrauch.

Der BFH lehnt – ausgehend von dem Grundsatz, dass dem Steuerpflichtigen die Wahl der Rechtsform freigestellt ist – den unmittelbaren Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft ab. Eine zivil- und steuerrechtlich grundsätzlich anerkannte Gestaltung kann nur unter den Voraussetzungen des § 41 AO (Scheingeschäft) oder § 42 AO (Gestaltungsmissbrauch) verneint werden. Im Streitfall war die Einschaltung der GmbH rechtsmissbräuchlich. Denn die Aufteilung war nur formal auf die GmbH übertragen. Das ergibt sich daraus, dass die GmbH lediglich bevollmächtigt war, die Wohnungen zu veräußern. Die Auflassung an sie sollte nicht für das Mietwohnhaus, sondern getrennt für die einzelnen Wohnungen und erst im Rahmen des Weiterverkaufs erfolgen. Außerdem sollte der Notar den Antrag auf Eintragung der der GmbH bewilligten Auflassungsvormerkung erst nach schriftlicher Aufforderung durch die GmbH beim Grundbuchamt stellen. Der Eintragungsantrag war somit von der Aufforderung an den Notar durch den Steuerpflichtigen als alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführer abhängig. Ferner sollte die GmbH den Kaufpreis an den Steuerpflichtigen aus den Erlösen aus dem Weiterverkauf erbringen.

 

Praxishinweis

In der ungewöhnlich umfangreichen Entscheidung werden die im Schrifttum vertretenen verschiedenen Lösungen zur Zurechnung der von einer Kapitalgesellschaft entwickelten Aktivitäten an die dahinter stehenden Beteiligten ausführlich abgehandelt. Hervorzuheben ist, dass nach dieser Entscheidung der Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft nur unter den Voraussetzungen der §§ 41, 42 AO zulässig ist. Dafür ist auf die Gesamtumstände abzustellen, insbesondere darauf, ob der Steuerpflichtige trotz Einschaltung der Kapitalgesellschaft die Verkäufe steuert und das finanzielle Risiko trägt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 18.3.2004, III R 25/02

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