Leitsatz

Bei der Anwendung der Grundsätze über die sog. Drei-Objekt-Grenze sind aneinander grenzende, rechtlich selbstständige Mehrfamilienhausgrundstücke grundsätzlich jeweils gesonderte wirtschaftliche Einheiten (vgl. § 2 Abs. 1 BewG), die auch durch eine Vereinigung bzw. Zuschreibung nach § 890 BGB, §§ 3ff. der Grundbuchordnung nicht zu einem einzigen Objekt ("Häuserzeile") werden können.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige erwarb in den Jahren 1986 bis 1989 mehrere hundert Wohn- und gewerblich genutzte Einheiten, von denen er einen Teil in den Jahren 1989 bis 1992 veräußerte. So verkaufte er 1989 die aneinander grenzenden Mehrfamilienhäuser X-Str. 10, 12, 14, 16 und 18 mit insgesamt 40 Wohneinheiten. 1991 veräußerte er die ebenfalls nebeneinander gelegenen Objekte Y-Str. 11, 11a, 11b und 13 mit 47 Wohn- und 4 gewerblich genutzten Einheiten. 1992 veräußerte er die ebenso verbundenen Grundstücke Z-Str. 1, 3, 5, 7, 9 und 11 mit 47 Wohn- und 6 gewerblich genutzten Einheiten. Das Finanzamt nahm einen gewerblichen Grundstückshandel an. Klage und Revision des Steuerpflichtigen, mit denen er geltend machte, er habe lediglich drei Objekte veräußert, blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Die Betätigung des Steuerpflichtigen am Grundstücksmarkt ging über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus. Zutreffend hat das FG entschieden, dass eine Mehrzahl von Mehrfamilienhäusern, auch wenn sie aneinander grenzen und zusammen einen "Straßenabschnitt" bilden, grundsätzlich nicht nur ein Objekt i.S. der Drei-Objekt-Grenze darstellen. Insoweit kommt es weder auf die tatsächliche noch – wie vom Steuerpflichtigen beansprucht – auf eine rechtlich mögliche andere grundbuchtechnische Behandlung an.

"Objekt" i.S. des gewerblichen Grundstückshandels ist grundsätzlich jede selbstständig veräußerbare und nutzbare Immobilie. Hierbei folgt die selbstständige Veräußerbarkeit grundsätzlich der sachenrechtlichen Qualifizierung. Indes ergeben sich Ausnahmen davon unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Einheit[1]. Allerdings macht das bloße Angrenzen rechtlich selbstständige bebaute Grundstücke, selbst wenn diese über ein "zusammenhängendes Dach" bzw. über gemeinsame Ver- und Entsorgungseinrichtungen verfügen, nicht zu einer wirtschaftlichen Einheit. Es gibt keine Verkehrsanschauung, die es zulassen oder gar erfordern würde, selbstständig nutz- und veräußerbare Mehrfamilienhäuser zu einer einzigen Einheit zusammenzufassen.

 

Praxishinweis

Hat der Steuerpflichtige mehr als drei Grundstücksobjekte gekauft oder errichtet und in engem zeitlichem Zusammenhang – in der Regel binnen fünf Jahren – veräußert, lässt dies mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich den Schluss zu, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung eine zumindest bedingte Wiederverkaufsabsicht bestand und damit ein gewerblicher Grundstückshandel betrieben wurde[2].

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige das von ihm befürwortete gegenteilige Ergebnis vornehmlich damit begründet, dass jeder Komplex über ein "gemeinsames Dach" sowie gemeinsame Ver- und Entsorgungseinrichtungen verfügt und die Möglichkeit bestanden habe, die innerhalb eines Straßenzugs aneinander grenzenden Mehrfamilienhäuser zu einer einzigen grundbuchrechtlichen Einheit zusammenzufassen. Diese Umstände rechtfertigten indes weder jeder für sich allein noch zusammengenommen den Schluss, dass in einer Straßenflucht gelegene Häuser nach der maßgeblichen Verkehrsanschauung nur eine wirtschaftliche Einheit im bewertungsrechtlichen Sinne und damit ein einziges Objekt beim gewerblichen Grundstückshandel darstellen. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass der jeweilige "Straßenzug" in einem einheitlichen Vertrag an nur einen Erwerber veräußert wurde[3].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 3.8.2004, X R 40/03

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