Die Verkehrssicherungspflichten beschreiben das Maß an verantwortlicher Sorgfalt dafür, dass das mit einer Gefährdung einhergehende Risiko eines Schadeneintritts beherrscht wird. "Sorgfalt" umfasst die zu beachtenden Vorgaben und Regeln für den sicheren Umgang mit der Gefahrenquelle. Die jeweiligen Gefährdungen ergeben sich daraus, dass grundsätzlich Schadeneintrittsmöglichkeiten bestehen und das Risiko veranschaulicht das Verhältnis zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens und dessen Ausmaß.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.[1]

Diese Schutzpflicht ist nicht grenzenlos, sondern orientiert sich an den gegebenen Möglichkeiten zum sicherheitsorientierten Handeln und an den jeweiligen Erfordernissen zur entsprechenden Verkehrssicherung. Maßstab ist hierbei der vernünftig und umsichtig handelnde Mensch, der im Rahmen einer vorsichtigen Prognose und bei Kenntnis der Gegebenheiten das Notwendige als Handlungspflicht erkennt, was bei kritischer Betrachtung als ausreichend zur Verhinderung eines Schadeneintritts anzusehen ist.

Zu beachten ist dabei aber, dass nicht das individuelle Urteil, sondern das konkrete Wissen der jeweiligen Verkehrskreise zur Gefährdungslage von Bedeutung ist. In § 276 Abs. 2 BGB heißt es daher: "Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt."

Haftungsvoraussetzungen

 

§ 823 BGB

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Die Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass eines der dort angeführten Rechtsgüter (Leben, Gesundheit …) verletzt wurde. Erforderlich ist ferner, dass diese Rechtsgutverletzung entweder durch ein bestimmtes Verhalten des Schädigers aktiv herbeigeführt wurde oder aber diesem sein Verhalten aus anderem Grund zuzurechnen ist. Verhalten kann sich durch eine konkrete Handlung darstellen, aber auch durch ein Unterlassen. Das Wort "Unterlassen" bedeutet "vorwerfbares Nichthandeln". Relevant ist das Unterlassen als Fehlverhalten im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten dann, wenn dem Verkehrssicherungspflichtigen abverlangt werden kann, dass dieser eine bestimmte, rechtlich geforderte Tätigkeit zur Vermeidung eines Schadeneintritts hätte erbringen müssen. Eine solche Pflicht zur Erbringung präventiver Schutzmaßnahmen ist dann gegeben, wenn der Verkehrssicherungspflichtige als Garant zum Wohl und zum Schutz Dritter hätte tätig werden müssen. Die Beurteilung, ob eine solche Handlungspflicht erforderlich war oder nicht, erfolgt nicht auf dem Wissensniveau des Handlungsverpflichteten, sondern auf dem Stand des Wissens der Fachleute. Unwissenheit schützt den Verkehrssicherungspflichtigen keinesfalls vor der Zuweisung einer Pflicht zu verantwortungsgemäßem Handeln. Vielmehr ist das Unwissen Beleg dafür, dass der Verkehrssicherungspflichtige sorgfaltswidrig die ihn betreffenden Aufgaben unberücksichtigt gelassen hat.

Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB setzt weiterhin voraus, dass zwischen dem Fehlverhalten und dem Eintritt der Rechtsgutverletzung ein Ursachenzusammenhang (haftungsbegründende Kausalität) besteht. Regelmäßig ist dann eine Ursächlichkeit zu bejahen, wenn nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung und aus fachkundiger Sicht mit dem absehbaren Eintritt eines Schadens gerechnet werden musste. Selbstverständlich bleibt eine abschließende rechtliche Bewertung dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten. In Kapitel 4.2 wird dies anhand von Beispielen aus der Rechtsprechung zu den Verkehrssicherungspflichten bei einer Trinkwasserinstallation ausgeführt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Verkehrssicherungspflichten demjenigen obliegen, der

  • eine Gefahrenquelle schafft oder betreibt,
  • aus fachkundiger Sicht Handlungspflichten zu erfüllen hat und
  • die Möglichkeit zur Umsetzung der sicherheitsrelevanten Anforderungen hat.

Maßstab der Sorgfalt ist

  • der Kenntnisstand der Fachleute,
  • die ordnungsgemäße Erfüllung der sicherheitsrelevanten Anforderungen und
  • der stete Blick auf die Einhaltung der getroffenen Schutzmaßnahmen.

Umfang und Ausmaß der Verkehrssicherungspflichten

Mit der Schaffung einer Gefahrenquelle geht die Pflicht zur Abwendung eines absehbaren Schadeneintritts einher. „Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Gebot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch....

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