Leitsatz

  1. Der Annahme einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG 1993 steht nicht entgegen, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden.
  2. Eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG 1993 kann auf mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschäften beruhen, wenn diese in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und die Übertragung des ganzen Vermögens auf einen Erwerber zur Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit – insbesondere auch für den Erwerber – offensichtlich ist.
 

Sachverhalt

D vermietete u. a. Baumaschinen. Diese hatte er mit Bankkrediten angeschafft und zu deren Sicherung den Banken übereignet. Außerdem trat D die Forderungen aus den Leasingverträgen mit Kunden über Baumaschinen an die Banken ab. Nachdem D in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, forderten die Banken die Zahlung der Miet-/Leasingraten direkt an sich. Dadurch geriet D in weitere Liquiditätsschwierigkeiten, weil die in den Raten enthaltene Umsatzsteuer nicht abgeführt werden konnte. Ein Antrag auf Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens vom April 1996 wurde mangels Masse abgelehnt.

Daraufhin trat das Baumaschinen-Vermietungsunternehmen A den Verpflichtungen von D gegenüber den Banken bei. Gleichzeitig schlossen D und A in Bezug auf jedes einzelne den Banken sicherungsübereignete Mietobjekt und den dieses betreffenden Mietvertrag im Wesentlichen gleichlautende "Kauf- und Übertragungsverträge", wodurch A das Mietobjekt sowie den entsprechenden Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten übernahm. D erteilte A jeweils Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis.

Das Finanzamt ließ den von Ageltend gemachten Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen nicht zu mit der Begründung, mit der Vereinbarung zwischen A, D und der jeweiligen Bank (Sicherungsnehmer) sei abschließend über die Verwertung entschieden; die Bank habe von ihrem Verwertungsrecht Gebrauch gemacht; gleichzeitig liege eine Lieferung des Sicherungsgutes an die Bank und von dieser an A vor. Eine Lieferung von D an A scheide hiernach aus. A sei deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Finanzamts statt. A hatte schon deshalb kein Recht auf Vorsteuerabzug aus den Rechnungen von D, weil diesen Rechnungen kein steuerbarer Umsatz zugrunde lag. Vielmehr hatte D sein gesamtes – im Wesentlichen mit der Vermietung der sicherungsübereigneten Baumaschinen zusammenhängendes – Vermögen auf A übertragen und damit eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG an A erbracht (vgl. Leitsatz 2).

 

Praxishinweis

Wird Sicherungsgut notleidender Sicherungsgeber mit Zustimmung der gesicherten Banken veräußert, hängt das Vorsteuerabzugsrecht des Erwerbers nicht nur von der zutreffenden Abrechnung ab. Darauf hatte das Finanzamt die Ablehnung gestützt, weil es vom Doppelumsatz bei Lieferung von Sicherungsgut ausging. Häufig kann der Vorsteuerabzug des Erwerbers daran scheitern, dass er das Geschäft des Sicherungsgebers im Ganzen übernimmt, weil es nicht darauf ankommt, dass er "alles" (Leitsatz 1) und aufgrund eines einzigen Veräußerungsvorgangs übernimmt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.08.2002, V R 17/01

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