Zusammenfassung

 
Überblick

Zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie wurde vorübergehend durch das "Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-. Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht" (GesRuaCOVBekG, hier kurz: COVMG) die Möglichkeit geschaffen, dass Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden können, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist. Diese befristete gesetzliche Sonderreglung ist jedoch am 31.8.2022 ausgelaufen.

Das Genossenschaftsgesetz ermöglichte bereits vor der COVID-19-Pandemie, dass aufgrund einer entsprechenden Regelung in der Satzung die Möglichkeit der Beschlussfassung der Mitglieder in schriftlicher oder elektrischer Form zugelassen wird (§ 43 Abs. 7 GenG). Durch die Reform des Genossenschaftsgesetzes, die am 27.7.2022 in Kraft trat, erfolgte aber die Aufhebung der Vorschrift des § 43 Abs. 7 GenG. Stattdessen wurden durch die neue Regelung des § 43b GenG alternative Formen der Generalversammlung zu der bisherigen Präsenzversammlung geschaffen.

Im nachfolgenden Beitrag werden die Voraussetzungen für die Durchführung von Generalversammlungen in den nun möglichen verschiedenen Formen, d. h. einschließlich der Alternativen zu einer Präsenzversammlung, behandelt. Dabei wird auch auf die entsprechenden Empfehlungen der aktualisierten neuen Mustersatzung eingegangen.

1 Gesetzliche Sonderregelung aufgrund der Covid-19-Pandemie

Das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie[1] sah in § 3 Abs. 1 Satz 1 vor, dass abweichend von § 43 Abs. 7 Satz 1 Genossenschaftsgesetz (GenG)[2] Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden konnten, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen war oder die Satzung keine Regelungen zu schriftlichen oder elektronischen Beschlussfassungen einschließlich zu virtuellen Versammlungen enthielt; die elektronische Beschlussfassung schloss Beschlussfassungen in Gestalt von virtuellen Generalversammlungen ohne physische Präsenz der Mitglieder ein. Laut der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 3 Abs. 1 wurde damit vorübergehend eine "virtuelle" General- oder Vertreterversammlung auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung ermöglicht.[3]

Für Vertreterversammlungen im Sinne des § 43a GenG galt u.a. § 3 Abs. 1 Satz 1 COVMG entsprechend; insbesondere waren auch virtuelle Vertreterversammlungen ohne physische Präsenz der Vertreter ohne entsprechende Regelungen in der Satzung zulässig (§ 3 Abs. 1 Satz 5 COVMG). Das Gesetz war am 28.3.2020 in Kraft getreten und galt zunächst bis 31.12.2021.[4] Nach der letzten Verlängerung der Regelungen des Gesetzes vom 10.9.2021 war u. a. § 3 Abs. 1 COVMG auf General- und Vertreterversammlungen, die bis einschließlich 31.8.2022 stattfanden, anzuwenden. Die gesetzliche Sonderregelung ist nicht erneut verlängert worden.

[1] GesRuaCOVBekG, hier kurz: COVMG, v. 27.3.2020 (BGBl. I S. 569, 570).
[2] Siehe zu den Anforderungen nach § 43 Abs. 7 GenG auch Kap. 2.1.
[3] Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD v. 24.3.2020, BT-Drucks. 19/18110, S. 28.
[4] Siehe dazu auch den Beitrag Coronavirus: Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie – Auswirkungen auf das Genossenschaftsrecht (HI13760575).

2 Gesetzliche Neuregelung im Genossenschaftsgesetz und ergänzende Regelungsmöglichkeiten in der Satzung

2.1 Bisherige Regelung des § 43 Abs. 7 GenG

Das Genossenschaftsgesetz sah bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Sonderregelung aufgrund der COVID-19-Pandemie vor, dass die Satzung zulassen kann, dass Beschlüsse der Mitglieder schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden; das Nähere hatte die Satzung zu regeln (§ 43 Abs. 7 Satz 1 GenG).[1] Es konnten auch die mündliche, schriftliche und elektronische Stimmabgabe nebeneinander zugelassen werden.[2]

Durch die Reform des Genossenschaftsgesetzes, die am 22.7.2022 in Kraft trat, erfolgte aber die Aufhebung des § 43 Abs. 7 GenG. Stattdessen wurden durch die neue Regelung des § 43b GenG alternative Formen der Generalversammlung zu der bisherigen Präsenzversammlung geschaffen.[3]

[1] Die Satzung konnte auch vorsehen, dass in bestimmten Fällen Mitglieder des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung an der Generalversammlung teilnehmen können und dass die Generalversammlung in Bild und Ton übertragen werden darf (§ 43 Abs. 7 Satz 2 GenG).
[2] Beuthien/Schöpflin, Genossenschaftsgesetz, 16. Auflage 2018, § 43 Rn. 53.
[3] Siehe dazu Kap. 2.2.

2.2 Neue Formen der Generalversammlung nach § 43b GenG

2.2.1 Überblick

Das Genossenschaftsgesetz schreibt nun vor, dass die Generalversammlung in einer der folgenden Formen abgehalten werden muss (§ 43b Abs. 1 GenG):

  • Präsenzversammlung (Abs. 1 Nr. 1),
  • virtuelle Versammlung (Abs. 1 Nr. 2),
  • hybride Versammlung (Abs. 1 Nr. 3),
  • Versammlung im gestreckten Verfahren (Abs. 1 Nr. 4).

Für alle alternativen Formen der Generalversammlung zur Präsenzversammlung stellt das Gesetz klar, dass Mitglieder, die an einer solchen Versammlung (nach § 43b Abs. 1 Nummer 2 bis 4 GenG) schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation teilgenommen haben, als erschienen gelten (§ 43b Abs. 7 GenG).

Absat...

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