Leitsätze (amtlich)

  1. Eine Personengesellschaft, die sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt, ist nicht bereits vom Grundsatz her als gewerbliche Mitunternehmerschaft einzustufen.
  2. Eine aus einem wissenschaftlichen Dokumentar und einem Arzt bestehende GbR kann freiberuflich tätig sein, wenn die Gesellschafter nur auf ihrem jeweiligen Fachgebiet tätig werden und ihre Arbeitsergebnisse in ein Gutachten einbringen, das für einen Auftraggeber der GbR bestimmt ist.
  3. Ein Diplom-Dokumentar (FH) ist in der Regel nicht wissenschaftlich tätig.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist der Rechtsnachfolger der A-GbR. Zum 1.1.1988 hatte er eine GbR gegründet, an der seine Ehefrau F und er selbst mit je 50% beteiligt waren. Die GbR befasste sich mit der Erstellung von Gutachten über die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente für die Pharmaindustrie. F schied zum 1.1.1991 aus der Gesellschaft aus. Das Finanzamt stufte die Tätigkeit der GbR als gewerblich ein, weil F als Diplom-Bibliothekarin nicht über die notwendige Fachausbildung verfügt habe. Es erließ dementsprechend einen GewSt-Messbescheid für 1990 (Streitjahr). Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat nicht die Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, dass die GbR im Streitjahr freiberuflich tätig war.

  1. Eine GbR ist gewerbesteuerpflichtig, wenn nicht alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen[2]. Der BFH hat mehrfach entschieden, dass eine GbR gewerbesteuerpflichtig ist, wenn eine "berufsfremde Person" Mitunternehmer ist[3]. In den entschiedenen Fällen ging es aber jeweils nur darum, dass die "berufsfremde Person" die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit nicht erfüllte[4]. Die Urteile treffen indes keine Entscheidung darüber, ob etwa auch der Zusammenschluss von Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zu einer GbR deren Tätigkeit zu einer gewerblichen macht. Eine Personengesellschaft, die sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt, ist nicht bereits vom Grundsatz her als gewerbliche Mitunternehmerschaft einzustufen. Eine gewerbliche Tätigkeit wird auch dann nicht ausgeübt, wenn jeder der Gesellschafter nur auf dem Gebiet (leitend) tätig ist, für das er seine fachliche Qualifikation nachgewiesen hat und für das er eine entsprechende Zulassung besitzt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für Zusammenschlüsse von solchen Freiberuflern, die keiner besonderen Zulassung bedürfen.
  2. Die vom FG (bisher) festgestellten Tatsachen rechtfertigen nicht die Schlussfolgerung, die F sei wissenschaftlich tätig gewesen. Aus der vorgelegten Bescheinigung der FHS für Bibliotheks- und Dokumentationswesen ergibt sich nur, dass F die Abschlussprüfung in der Fachrichtung Bibliotheks- und Dokumentationswesen mit Erfolg abgelegt hat und ihr das Recht verliehen ist, den Grad Diplom-Bibliothekarin zu führen. Eine wissenschaftliche Befähigung ist damit nicht nachgewiesen. Das FG hat zwar angenommen, die F habe auch den Titel einer "Diplom-Dokumentarin" erworben. Es hat aber nicht festgestellt, wann und in welcher Weise dies geschehen sein soll. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Diplom-Dokumentar, der seine Ausbildung an der FHS für Bibliotheks- und Dokumentationswesen erhalten hat, kein wissenschaftlicher Dokumentar ist. Er kann sich freilich zum wissenschaftlichen Dokumentar weiterbilden. Das setzt aber grundsätzlich den erfolgreichen Abschluss eines fachwissenschaftlichen Studiums voraus. Da die F die Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit nicht durch ein entsprechendes Hochschulstudium der Medizin nachweisen kann, erscheint es zwar nicht ausgeschlossen, dass sie die notwendigen gleichwertigen Kenntnisse eines wissenschaftlichen Dokumentars durch eine langjährige Praxis erworben hat. Nachweise dafür fehlen aber. Außerdem hat das FG nicht festgestellt, ob die F als Gesellschafterin der GbR die angeblich wissenschaftliche Leistung auch leitend und eigenverantwortlich erbracht hat.
 

Link zur Entscheidung

BFH vom 23.11.2000 – IV R 48/99

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