Leitsatz

Die Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheids ist gemäß § 191 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz AO bei leichtfertiger Steuerverkürzung nur in den Fällen auf fünf Jahre verlängert, in denen die Haftungsinanspruchnahme auf § 70 AO beruht, nicht aber für jeden Fall der Haftung, dem eine leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt, also auch nicht bei der Haftung gemäß § 69 AO (Klarstellung der Rechtsprechung).

 

Sachverhalt

Der Geschäftsführer einer GmbH wurde wegen der Umsatzsteuerrückstände derselben gemäß § 69 AO in Haftung genommen, nachdem die GmbH in Insolvenz geraten war. Die regelmäßige vierjährige Festssetzungefrist war bei Erlass des Haftungsbescheids bereits abgelaufen. Das Finanzamt hielt dies für unschädlich, weil der Geschäftsführer die Umsatzsteuer leichtfertig verkürzt habe; deshalb betrage im Streitfall die Festsetzungsfrist fünf Jahre.

 

Entscheidung

Der BFH hat den Haftungsbescheid aufgehoben. Nur in den Fällen des § 70, also hinsichtlich der Haftung des Vertretenen, beträgt die Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung zehn Jahre und bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre. Die Worte "bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre" in § 191 Abs. 3 Satz 2 würden sich auf das vorangegangene "in den Fällen des § 70" beziehen. Bei leichtfertiger Steuerverkürzung des Haftenden bleibe es folglich bei der normalen Vier-Jahresfrist, obwohl in solchen Fällen die Frist gegenüber dem von dem Haftenden Vertretenen später ablaufe.

 

Hinweis

§ 191 Abs. 3 Satz 2 AO regelt die Länge der Festsetzungsfrist für Haftungsbescheide eigenständig. Sie beträgt regelmäßig vier Jahre. Bei Steuerhinterziehung des Haftenden beträgt sie zehn Jahre.

Der V. Senat des BFH hatte in BFH/NV 2002 S. 755 die Vorschrift anders verstanden als jetzt der VII. Senat. Das zwang diesen nicht zur Anrufung des Großen Senats (§ 11 FGO), weil jene Entscheidung im AdV-Beschwerdeverfahren ergangen war.

In diesen Fällen sind vor allem die besonderen Hemmungstatbestände für die Haftungs-Festsetzungsfrist in § 191 Abs. 3 Satz 4 zu beachten. Sie haben im Entscheidungsfall allerdings keine Rolle gespielt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 22.4.2008, VII R 21/07.

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