1 Leitsatz

Auf Grundlage einer Jahresabrechnung nachgeforderte Betriebskosten sind keine (laufende) Miete i. S. d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB und spielen deswegen für die Vollständigkeit der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) selbst dann keine Rolle, wenn die Kündigung ausdrücklich auch auf die Nebenkostennachforderung gestützt war.

2 Normenkette

§§ 242, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 556, 569 Abs. 3 Nr. 2, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB

3 Das Problem

Bei einer Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs hat der Mieter von Wohnraum die Möglichkeit, die mit ihrem Zugang bereits wirksam gewordene Kündigung nachträglich unwirksam zu machen, indem er die rückständigen Mieten vollständig nachzahlt oder sich eine öffentliche Stelle (z. B. Jobcenter) zur Nachzahlung verpflichtet. Dabei kann allerdings nur eine vollständige Begleichung der Rückstände zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

Dies gilt auch für Forderungen, die schon im Zeitpunkt der Kündigung offen waren, aber im Kündigungsschreiben nicht erwähnt wurden. Grundsätzlich ist es nämlich Sache des Mieters, sich nach Zugang einer wirksamen Kündigung wegen Zahlungsverzugs einen Überblick über die eigenen Mietzahlungen zu verschaffen und die Gesamthöhe der Mietschulden zu ermitteln.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Mieter nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darauf vertrauen durfte, dass die Mietrückstände im Kündigungsschreiben vollständig bezeichnet sind. Dies kann der Fall sein, wenn die Rechts- oder Tatsachenlage unklar oder verworren ist oder der Mieter aus anderen Gründen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Vermieters im Kündigungsschreiben vertrauen durfte (LG Berlin, Beschluss v. 14.3.2022, 64 S 209/21).

4 Die Entscheidung

In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall zahlte des Jobcenter aufgrund einer fristlosen Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs die rückständigen Mieten vollständig nach; nicht aber die Betriebskostennachforderung des Vermieters, auf die der Vermieter die Kündigung zusätzlich gestützt hatte.

Das LG Berlin entschied, dass die unterlassene Nachzahlung der Betriebskostennachforderung einer Heilung der Kündigung nicht entgegensteht und verwies dabei auf ein Urteil des BGH, wonach "Miete" i. S. v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB die Grundmiete zuzüglich der Betriebskostenvorauszahlung ist, nicht aber die Betriebskostennachforderung (BGH, Urteil v. 23.7.2008, XII ZR 134/06). Daher sind auf Grundlage einer Jahresabrechnung nachgeforderte Betriebskosten keine (laufende) Mieten und spielen deshalb für die Vollständigkeit der Schonfristzahlung selbst dann keine Rolle, wenn die Kündigung des Vermieters ausdrücklich auch auf die Betriebskostennachforderung gestützt war.

5 Entscheidung

LG Berlin, Urteil v. 15.3.2023, 64 S 180/21

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