Leitsatz

Die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.F. (jetzt: § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG) ist vor der Durchführung eines Verlustrücktrags i.S. von § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG a.F. (jetzt: § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG) zu berücksichtigten.

 

Sachverhalt

A erzielte 1999 u.a. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, die er durch den Rücktrag von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften des Folgejahrs minderte, so dass sich Einkünfte in Höhe von 999 DM ergaben. Diese unterwarf das Finanzamt der Besteuerung. A meinte jedoch, zuvor müsse die Freigrenze von 1000 DM nach § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG berücksichtigt werden, so dass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern seien. Dieser Ansicht folgte das FG, nicht aber der BFH.

 

Entscheidung

Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn der aus ihnen erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 1000 DM (jetzt: 512 EUR) betragen hat. Die Frage, ob das Überschreiten der Freigrenze vor oder nach einem Verlustrücktrag zu prüfen ist, war bisher umstritten. Der BFH hat diesen Rechtsstreit nun in dem Sinne geklärt, dass die Freigrenze nur vor der Durchführung eines Verlustrücktrags zu berücksichtigen ist. Dafür sprechen der Wortlaut des Gesetzes, wonach die Freigrenze auf den "Gesamtgewinn" anzuwenden ist, der "im Kalenderjahr" erzielt wird, der Vereinfachungszweck der Vorschrift sowie die Systematik.

 

Praxishinweis

Der BFH hat die Rechtsfrage in dem Sinne geklärt, wie sie bereits vom BMF[1] vertreten wurde. Praktisch wichtig sind auch die Folgerungen: Im Streitfall hatte A steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt; denn er hatte die Freigrenze nur wegen der Durchführung des Verlustrücktrags unterschritten. A hatte den Verlustrücktrag bewusst so gestaltet, dass die vermeintliche Freigrenze nicht erreicht wurde. Er hat auch nach der Entscheidung des BFH nun ein Gestaltungsrecht: Er kann die Besteuerung im Streitjahr so hinnehmen oder ihr durch eine entsprechende Erhöhung des Verlustrücktrags soweit möglich die Grundlage entziehen. Zur Ausübung dieses Gestaltungsrechts hat der BFH die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 11.1.2005, IX R 27/04

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