Leitsatz (amtlich)

Veruntreut ein Gesellschafter Betriebseinnahmen der Personengesellschaft, indem er veranlasst, dass in Kundenrechnungen der Gesellschaft ein Konto angegeben wird, von dem die übrigen Gesellschafter keine Kenntnis haben, und verwendet er anschließend die dortigen Zahlungseingänge für private Zwecke, so kann die nach Aufdeckung des Vorgangs an die Mitgesellschafter geleistete Ausgleichszahlung entweder betrieblich oder außerbetrieblich veranlasst sein. Von einer außerbetrieblichen Veranlassung ist auszugehen, wenn Inhaber des Kontos die Gesellschaft ist, die Zahlungseingänge als Betriebseinnahmen der Gesellschaft behandelt werden und der Gewinn nach dem allgemeinen Schlüssel verteilt wird.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Architekt. In den 70er Jahren beteiligt er sich an einer Architektengemeinschaft in Form einer GbR. 1987 löste sich die GbR wegen Ausscheidens eines Gesellschafters auf. Die verbleibenden Gesellschafter gründeten eine neue GbR, die den Betrieb fortführte. Aus dieser GbR schied der Kläger 1989 aus. Dabei offenbarte er, dass er als Gesellschafter der ersten GbR Honorare vereinnahmt hatte, die der Gesellschaft zustanden. Dazu hatte er ohne Wissen der anderen Gesellschafter Rechnungen erstellt und die Zahlungen auf ein Bankkonto erbeten, das er auf den Namen der GbR eingerichtet hatte und für das er einzelzeichnungs-berechtigt war. Die Honorare hatte der Kläger zur Finanzierung privater Ausgaben sowie nach seinen Angaben auch für Sonderbetriebsausgaben verwendet. In geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 1980 bis 1986 rechnete das Finanzamt die nacherklärten Honorare der GbR als Einnahmen zu. Zur Finanzierung der Rückzahlungen und damit zusammenhängender Beratungskosten nahm der Kläger ein Darlehen auf, für das er im Streitjahr 1991 mit Zinsen und Gebühren belastet wurde. Diese Kosten machte der Kläger 1991 als nachträgliche Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab. Die Klage blieb erfolglos[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Schuldzinsen sind Betriebsausgaben, wenn sie für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Schuldzinsen sind nachträgliche Betriebsausgaben[2], wenn sie für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die auch nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder Mitunternehmeranteils als Betriebsvermögen anzusehen ist. Um solche Verbindlichkeiten handelt es sich nicht nur bei von der Veräußerung oder Aufgabe ausgenommenen Betriebsschulden, die nicht aus dem Veräußerungserlös getilgt werden können[3], sondern auch bei Verbindlichkeiten, die erst im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft aus betrieblichem Anlass begründet werden. Ein betrieblicher Anlass ist etwa die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos[4].

Ob die vom Kläger gezahlten Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die zum Betriebsvermögen gehört, bleibt nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen unklar.

Der Kläger hätte mit den Zahlungen an seine ehemaligen Mitgesellschafter eine betriebliche Schuld beglichen, wenn die veruntreuten Honorare ihm allein einkünftemäßig zugerechnet worden wären. Die Beteiligung der anderen Gesellschafter an zunächst beim Kläger erfasste Sonderbetriebseinnahmen würde sich für den Kläger als Sonderbetriebsausgaben darstellen. Die Verpflichtung des Klägers zu Ausgleichszahlungen wären eine betrieblich veranlasste Schuld; die Kosten für den zur Finanzierung aufgenommenen Kredit wären Sonderbetriebsausgaben.

Sollten die veruntreuten Honorare hingegen allen Gesellschaftern der GbR entsprechend ihrer Beteiligung zugerechnet worden sein, hinge die Beurteilung der Finanzierungskosten davon ab, ob die Honorarzahlungen unmittelbar als Betriebseinnahmen der GbR oder als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers zu behandeln wären. Von einer Betriebseinnahme der GbR wäre auszugehen, wenn das Konto, auf das die Honorarzahlungen geleistet wurden, ein Konto der GbR war. Dann hätte sich die Unterschlagung des Geldes durch den Kläger ebenso wie die Entwendung durch einen Nichtgesellschafter als zunächst gewinnmindernder Aufwand dargestellt, der später nach Anerkennung der Schadensersatzpflicht durch den Kläger insoweit ausgeglichen worden wäre[5]. Aus der Sicht des Klägers wäre die Schadensersatzverpflichtung nicht durch den Betrieb im Rahmen der Mitunternehmerschaft, sondern privat veranlasst[6]. Die Finanzierung der Schadensersatzleistungen wäre ebenfalls dem privaten Bereich zuzuordnen. Anders könnte es sein, wenn die Honorarzahlungen auf ein Konto des Klägers geleistet worden wären. In diesem Fall hätten die Mitgesellschafter Ausgleichsansprüche gegen den Kläger aus dem Gesellschaftsverhältnis, deren Finanzierung der mitunternehmerischen Betätigung des Klägers zugerechnet werden könnte. ...

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