Leitsatz

  1. Zwischen einer Außenprüfung und der Feststellung steuerrelevanter Verhältnisse dritter Personen muss ein sachlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass bei einer konkreten und im Aufgabenbereich des Prüfers liegenden Tätigkeit ein Anlass auftaucht, solche Feststellungen zu treffen. Fehlt es an einer solchen konkreten Prüfungstätigkeit, die den Anlass für die Feststellung der Verhältnisse Dritter bieten muss, handelt der Prüfer außerhalb der ihm durch den Prüfungsauftrag verliehenen Befugnisse.
  2. Diese Grundsätze gelten auch für ein Mitwirkungsverlangen, das darauf gerichtet ist, unabhängig von einer konkreten Prüfungstätigkeit ausschließlich die steuerlichen Verhältnisse Dritter festzustellen. Ein derartiges Mitwirkungsverlangen ist rechtswidrig.
 

Sachverhalt

Das Finanzamt ordnete bei einer Bank die Durchführung einer Außenprüfung an, die sich auf alle bedeutsamen Steuerarten im Zeitraum 1991 bis 1995 beziehen sollte. Am Tag des Prüfungsbeginns forderte es die Bank schriftlich auf, die Auszüge für das Giroausgangskonto für den Zeitraum 1.1. bis 30.6.1994 "für Kontrollmitteilungszwecke" nach § 194 Abs. 3 AO vorzulegen. Das Giroausgangskonto ist ein betriebsinternes Verrechnungskonto, über das alle Transaktionen abgewickelt werden, bei denen eine andere (auch ausländische) Bank angesprochen wird. Nach erfolglosem Einspruch gegen das Vorlageverlangen wies das FG die Klage ab. Das auf § 200 Abs. 1 Satz 1 AO gestützte Mitwirkungsverlangen sei auch dann noch ermessensgerecht, wenn es mit der beabsichtigten stichprobenweisen Fertigung von Kontrollmitteilungen begründet werde. Einen besonderen Anlass dafür müsse das Finanzamt nicht darlegen. Der sachliche Zusammenhang mit der Außenprüfung folge aus der Berechtigung des Prüfers, die gesamte Buchführung der Bank einzusehen und auszuwerten.

 

Entscheidung

Der BFH beurteilt das anders. Er hält das Mitwirkungsverlangen des Finanzamts für rechtswidrig und hob dieses sowie das Urteil des FG auf.

Mit der Außenprüfung sollten die steuerlichen Verhältnisse der Bank selbst überprüft werden. Das Mitwirkungsverlangen ist hingegen ausschließlich darauf gerichtet, auf der Grundlage der vorzulegenden Kontoauszüge Erkenntnisse für die Besteuerung anderer Personen zu gewinnen, um entsprechende Kontrollmitteilungen anfertigen zu können. Zwar lässt § 194 Abs. 3 AO die Auswertung von Feststellungen über die steuerlichen Verhältnisse Dritter zu, die "anlässlich" einer Außenprüfung erlangt werden. Dafür genügt aber nicht ein lediglich zeitlicher Zusammenhang. Erforderlich ist vielmehr, dass die konkrete Prüfungstätigkeit einen Anlass für die Feststellung der Verhältnisse Dritter bietet. Sonst handelt der Prüfer außerhalb der ihm durch den Prüfungsauftrag verliehenen Befugnisse. Nachdem der Prüfer im Streitfall zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Mitwirkungsverlangens noch gar nicht mit den Prüfungshandlungen begonnen hatte, konnte ein durch die Erkenntnisse der Außenprüfung gewonnener Anlass, die Verhältnisse der Kunden der Bank zu prüfen, gar nicht bestehen. Das Mitwirkungsverlangen war damit rechtswidrig.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 4.11.2003, VII R 28/01

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen