Leitsatz

  1. Ermittlungen der Strafsachen- und Bußgeldstelle des Finanzamts stellen keine Ermittlungen der mit "der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden" i.S.d. § 171 Abs. 5 Satz 1 AO dar und führen daher nicht zur Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift.
  2. Wurde die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wegen des Verdachts bestimmter, in der Einleitungsverfügung ausdrücklich genannter Steuerstraftaten dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben, dann ist der Ablauf der Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 5 Satz 2 AO nur für diejenigen Steueransprüche gehemmt, wegen deren vermeintlicher Verletzung das Strafverfahren tatsächlich eingeleitet und die Einleitung dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben wurde.
  3. Der zeitlich auf ein Jahr begrenzte Umfang der Ablaufhemmung, die durch die Erstattung einer Selbstanzeige gem. § 171 Abs. 9 AO ausgelöst wird, kann durch Steuerfahndungsermittlungen, die erst nach Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist aufgenommen wurden, nicht mehr erweitert werden.
 

Sachverhalt

K, der unstreitig Kapitalerträge verschwiegen hatte, reichte kurz vor Ablauf der regulären, wegen Steuerhinterziehung 10-jährigen Festsetzungsfrist eine Selbstanzeige ein.

Noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist forderte das Finanzamt Unterlagen von K zur Auswertung an. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist, aber binnen 1 Jahrs nach der Selbstanzeige, begann die Steuerfahndung zu ermitteln.

Über ein Jahr nach der Selbstanzeige erließ das Finanzamt einen darauf gegründeten Änderungsbescheid. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Erstellte fest, dass die Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist allein durch den Eingang der Selbstanzeige für ein Jahr gehemmt worden. Bei Erlass des Änderungsbescheids war die Jahresfrist jedoch bereits abgelaufen. Andere Hemmungstatbestände sind nicht verwirklicht worden.

 

Hinweis

Nach § 169 Abs. 2 AO beträgt die normale Festsetzungsverjährung 4, im Fall der Steuerhinterziehung 10 Jahre.

Es gibt aber einige Sondertatbestände, die den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmen. Treffen verschiedene Hemmungstatbestände zusammen und

  • geht die Selbstanzeige länger als 1 Jahr vor dem normalen Ende der Festsetzungsfrist ein, ändert sich nichts. Die Festsetzungsfrist läuft bei Steuerhinterziehung nach 10 Jahren ab; geht die Selbstanzeige weniger als 1 Jahr vor dem normalen Ende der Festsetzungsfrist ein, verlängert sich die Festsetzungsfrist über das reguläre Fristende hinaus bis zum Ablauf 1 Jahrs nach der Selbstanzeige;
  • ist vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist ein Steuerstrafverfahren eingeleitet oder mit Ermittlungen begonnen worden, läuft die Festsetzungsfrist erst dann ab, wenn die aufgrund der Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide bestandskräftig sind. Eine zwischenzeitliche Selbstanzeige ändert daran nichts;
  • ist erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist ein Steuerstrafverfahren eingeleitet oder mit Ermittlungen begonnen worden, ist Festsetzungsverjährung eingetreten.
 

Link zur Entscheidung

BFH, 08.07.2009, VIII R 5/07

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