Leitsatz

Die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen ist auch dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

 

Problematik

Das Einkommensteuergesetz sieht die Festsetzung von vierteljährlichen Vorauszahlungen auf der Basis der Einkommensteuer vor, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat, wobei Vorauszahlungen allerdings nur festgesetzt werden, wenn sie mindestens 200 EUR im Kalenderjahr und mindestens 50 EUR für einen Vorauszahlungszeitpunkt betragen.

 

Entscheidung des BFH

Eine verheiratete Arbeitnehmerin bezog ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Auf ihrer Lohnsteuerkarte war die Steuerklasse III bescheinigt. Im Rahmen einer antragsgemäß durchgeführten getrennten Veranlagung ergab sich durch die Anwendung der Einkommensteuer-Grundtabelle naturgemäß eine Einkommensteuer-Nachzahlung. Das Finanzamt setzte daraufhin vierteljährliche Einkommensteuer-Vorauszahlungen fest. Hiergegen wehrte sich die Steuerpflichtige mit dem Argument, die Festsetzung von Vorauszahlungen beeinträchtige sie in ihrem Wahlrecht hinsichtlich der Lohnsteuerklasse. Das Gesetz lasse die Eintragung der Steuerklasse III bei Verheirateten ausdrücklich zu. Durch die Festsetzung von Vorauszahlungen werde die freie Wahl der Lohnsteuerklasse im vorliegenden Fall im wirtschaftlichen Ergebnis rückgängig gemacht und faktisch eine Besteuerung nach der Steuerklasse IV herbeigeführt.

Der BFH gab hingegen dem Finanzamt Recht. Nach seiner Auffassung ist die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen auch dann zulässig, wenn das Einkommen ausschließlich aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

 

Konsequenzen für die Praxis

Die Sichtweise des BFH erscheint unmittelbar einsichtig. Das Gesetz geht auch bei Bezug von Lohneinkünften erkennbar von der Vorauszahlungspflicht aus, indem es bestimmt, dass die Vorauszahlungen sich grundsätzlich nach der Einkommensteuer bemessen, die sich "nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge" bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, worauf die als Maßstab für die voraussichtliche Einkommensteuerschuld dienende Abschlusszahlung im Einzelfall zurückzuführen ist.

Mit seiner Entscheidung verwehrt der BFH Arbeitnehmern letztlich die Möglichkeit, über eine "günstige" Steuerklassenwahl oder die Eintragung überhöhter Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte eine zinslose Steuerstundung zulasten des Fiskus zu erreichen. Entsprechende Steuergestaltungen gehen somit ins Leere, sodass hiervon abzuraten ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 20.12.2004, VI R 182/97, BFH/NV 2005 S. 465

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen