Leitsatz (amtlich)

Sog. negative Unterschiedsbeträge sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

 

Sachverhalt

Die Kläger waren im Streitjahr 1997 Mitglieder einer Anwaltssozietät. Jedem Kläger stand ein betrieblicher Pkw zur Verfügung, den er auch privat sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nutzen durfte. Die Kläger führten keine Fahrtenbücher. Die Entfernungen zwischen den Wohnungen der Kläger und der Kanzlei betrugen 17 km bzw. 14 km. Die Kläger errechneten sog. negative Unterschiedsbeträge für ihre Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Das Finanzamt setzte weder Entnahmen an, noch ließ es den Abzug der negativen Unterschiedsbeträge zu. Die Kläger meinen, die Nichtabziehbarkeit der negativen Unterschiedsbeträge führe zu einer Ungleichbehandlung von Selbständigen und Angestellten. Bei einem Angestellten, dem der Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung stelle und der die 1 %- bzw. die 0,03 %-Regelung anwende, wirke sich der negative Unterschiedsbetrag einkünftemindernd aus, da er den Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geltend machen könne. Das FG gab der Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Halbsatz 1 EStG dürfen Aufwendungen für Fahrten des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn nicht mindern in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 % des inländischen Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 oder Abs. 2 EStG ergebenden Betrag. Die Regelung ist darauf gerichtet, den Abzug von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte auf 0,70 DM pro Entfernungskilometer zu beschränken. Nach der "0,03 %-Regelung" sind die Kosten pro Entfernungskilometer von den Anschaffungskosten abhängig. So betragen die Kosten für einen Entfernungskilometer nach dieser Berechnungsmethode bei Anschaffungskosten von 50 000 DM 15 DM pro Entfernungskilometer und Monat; da der Gesetzgeber typisierend von (nur) 15 Fahrten pro Monat ausgegangen ist, belaufen sich die Kosten pro Entfernungskilometer auf 1 DM (50 000 x 0,03 % : 15). Die Differenz zwischen 1 DM und 0,70 DM von 0,30 DM bildet den positiven Unterschiedsbetrag; 0,30 DM pro Entfernungskilometer können nicht abgesetzt werden und sind dem Gewinn wieder hinzuzurechnen. Das Beispiel macht deutlich, dass - wie im Streitfall - bei Anschaffungskosten unter 35 000 DM nach der "0,03 %-Regelung" die Kosten pro Entfernungskilometer weniger als 0,70 DM betragen und damit ein negativer Unterschiedsbetrag entsteht.

Mit der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Halbsatz 1 EStG will der Gesetzgeber erreichen, dass bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte - unabhängig von der Höhe der Anschaffungskosten für das Kfz - nicht mehr als 0,70 DM pro Entfernungskilometer abgezogen werden. Entgegen der Auffassung des FG wird aber nicht bezweckt, dass der Steuerpflichtige in jedem Fall mindestens 0,70 DM pro Entfernungskilometer absetzen kann. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem Zweck des Gesetzes lässt sich eine solche Auslegung herleiten. Auch nach der Begründung des Bundesratsvorschlags[2] soll der Abzug von Betriebsausgaben insoweit ausgeschlossen werden, als dieser Wert höher sei als die Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Von einer Übernahme der Werte des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist keine Rede. Allerdings wird - die Bundesratsbegründung unterlässt diese Differenzierung - eine Gleichstellung eines Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften, der ein betriebliches Fahrzeug auch privat nutzt, mit einem Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber ein Kfz zur betrieblichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt bekommt, nur in den Fällen erreicht, in denen sich ein positiver Unterschiedsbetrag ergibt.

Verfassungsrechtlich ist die im Streitjahr maßgebliche Regelung nicht zu beanstanden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 12.6.2002 – XI R 55/01

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