Leitsatz

  1. Der Bezug einer Unterkunft an einer vorübergehenden beruflichen Tätigkeitsstätte (Einsatzwechseltätigkeit) begründet keine doppelte Haushaltsführung. Die mit einer solchen Auswärtstätigkeit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten sind in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar (Änderung der Rechtsprechung).
  2. Die Höhe des Verpflegungsmehraufwands richtet sich bei Auswärtstätigkeiten i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG nach der Abwesenheit des Arbeitnehmers von seiner Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts. Nicht entscheidend ist die Abwesenheitsdauer von der auswärtigen Unterkunft am Einsatzort. Der Abzug des Verpflegungsmehraufwands ist auf die ersten 3 Monate des Einsatzes an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.
 

Problematik

Seit dem Jahr 2001 werden die Aufwendungen von Arbeitnehmern für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit (derzeit) 0,30 EUR je Arbeitstag und Entfernungskilometer abgegolten (sog. Entfernungspauschale). Gleiches gilt für die Wochenendheimfahrten zwischen dem Beschäftigungsort und dem Ort des eigenen Hausstands im Zuge einer doppelten Haushaltsführung.

 

Kommentar

Wichtig

Der BFH hat neben obigem Urteil mit weiteren Entscheidungen vom 11.5.2005 sog. Grundsatzentscheidungen zur Behandlung von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit getroffen[1]. Die aufeinander aufbauenden und ineinander verzahnten BFH-Entscheidungen sind für Sie im Einzelnen problematisiert und mit Konsequenzen für die Praxis versehen (Gruppe 2 Lohnsteuer aktuell, S. 283–292).

Vertiefende Informationen finden Sie in den hinsichtlich der BFH-Entscheidungen vom 11.5.2005 aktualisierten Fachbeiträgen: Arbeitslohn/Werbungskosten, Arbeitslohn/Reisekosten des Arbeitnehmers.

Entscheidungen des BFH

Übernachtet der Arbeitnehmer am Ort der auswärtigen Tätigkeit oder in dessen Nähe vorübergehend, statt abends an seinen Lebensmittelpunkt zurückzukehren, gelangt die Entfernungspauschale nicht zur Anwendung, weil die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen (BFH, Urteil v. 11.5.2005, VI R 34/04, BFH/NV 2005 S. 1695). Der Arbeitnehmer kann dann allerdings die ihm tatsächlich entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie – für die ersten 3 Monate – Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten geltend machen.

Konsequenzen für die Praxis

Mit diesem Urteil hat der BFH entschieden, dass ein Arbeitnehmer mit Einsatzwechseltätigkeit und Übernachtung am auswärtigen Tätigkeitsort keinen doppelten Haushalt führt, sondern die Übernachtungs- und Fahrtkosten in vollem Umfang als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar sind. Eine doppelte Haushaltsführung könne nur bei Arbeitnehmern mit auswärtiger regelmäßiger Arbeitsstätte und dortiger Wohnsitznahme in Betracht kommen. Das BFH–Urteil ist zum Werbungskostenabzug ergangen, was grundsätzlich zur Folge hätte, dass hier kein steuerfreier Arbeitgeberersatz möglich wäre. Der BFH hat in dem Urteil jedoch ausgeführt, dass die Nähe der Einsatzwechseltätigkeit zur Dienstreise steuerlich eine Gleichbehandlung gebietet, sodass die Finanzverwaltung gut beraten ist, den Arbeitgeberersatz auch weiterhin nach § 3 Nr. 13 und 16 EStG steuerfrei zu belassen.

Hinsichtlich der Unterkunftskosten können diese unabhängig von der Frage, ob der Arbeitnehmer über einen eigenen Hausstand verfügt oder nicht, zeitlich unbegrenzt in voller Höhe vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet oder als Werbungskosten geltend gemacht werden. Des Weiteren erscheint es vertretbar, beim Arbeitgeberersatz der Übernachtungskosten die Regelung in R 40 Abs. 3 LStR (Übernachtungspauschbetrag von 20 EUR) auch in den Fällen der Einsatzwechseltätigkeit anzuwenden. In den Fällen der Übernachtung am Ort der auswärtigen Tätigkeitsstätte können die Fahrtkosten dorthin, am Ort der auswärtigen Tätigkeitsstätte sowie für Zwischenheimfahrten zeitlich unbegrenzt nach Dienstreisegrundsätzen – ohne Berücksichtigung der 30 km–Grenze – als Werbungskosten geltend gemacht bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

Bei den Verpflegungsmehraufwendungen stellt der BFH auf die Abwesenheitszeit von der Heimatwohnung ab. Im Ergebnis ergibt sich hier keine Änderung, weil bisher bei der doppelten Haushaltsführung für die ersten 3 Monate ebenfalls auf die Abwesenheitszeit von der Heimatwohnung abgestellt worden ist. Hinsichtlich der 3-Monatsfrist bei den Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Einsatzwechseltätigkeit ist für dieses Jahr das aktuelle BMF-Schreiben vom 11.4.2005 zu beachten (BMF, Schreiben v. 11.4.2005, IV C 5 – S 2353 – 77/05, BStBl 2005 I S. 673). Vgl. hierzu die Ausführungen in Lohnsteuer aktuell, Gruppe 2 S. 242 f.

Weitere Auswirkungen der Grundsatzentscheidung

Die Sichtweise des BFH, dass bei einer Einsatzwechseltätigkeit bei den Fahrtkosten die 3-Monatsfrist nicht gilt, schlägt wohl auf die steuerliche Behandlung von Dienstreisen durch. Dies hätte zur Folge, dass künftig auch bei längerfristigen Dienstreisen ab dem 4. Monat die Fahrtkosten weiterhin nach Di...

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