Leitsatz

Ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind?

 

Konsequenzen für die Praxis

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der bis einschließlich 5.5.2006 geltenden Fassung waren die Umsätze mit Geldspielautomaten in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei, diejenigen in privaten Spielhallen nicht. Der EuGH hat diese Vorschrift wegen der unterschiedlichen Behandlung der gleichen Tätigkeit als gemeinschaftswidrig angesehen[1]. Als Reaktion auf dieses Urteil wurde § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit Wirkung ab dem 6.5.2006 dahin geändert, dass nunmehr steuerfrei sind: "die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird." Danach sind nur noch bestimmte Wetten und Lotterien befreit; sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz", also auch sämtliche Umsätze mit Geldspielautomaten, sind steuerpflichtig. Die Neuregelung bewirkt, dass die Mehrzahl der Glücksspielarten und der mengenmäßig überwiegende Anteil der Umsätze aus Glücksspielen steuerpflichtig sind.

Es fragt sich, ob dies durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der MwStSystRL gedeckt ist. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden." Der V. Senat des BFH hat Zweifel geäußert, ob die Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG noch mit dem grundsätzlichen Gebot der Steuerbefreiung des Glücksspiels im Einklang steht[2]. Der XI. Senat hat sich den Zweifeln des V. Senats daran, ob § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL gedeckt ist, angeschlossen und den EuGH zur Vorabentscheidung angerufen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss v. 17.12.2008, XI R 79/07, BFH/NV 2009 S. 671

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