Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:

Sind Aufenthalte eines Schiffes in Häfen von Drittstaaten, bei denen die Reisenden das Schiff nur kurzfristig, z.B. zu Besichtigungen, verlassen können, aber keine Möglichkeit besteht, die Reise zu beginnen oder zu beenden, "Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft" i.S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG?

 

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb 1994 u.a. eine Boutique auf einem Kreuzfahrtschiff. Streitig ist, ob der Verkauf von Waren aus dieser Boutique zu in Deutschland steuerbaren Lieferungen führt. Die meist ein- bis zweiwöchigen Kreuzfahrten erstreckten sich sowohl auf das Gemeinschafts- als auch auf das Drittlandsgebiet. Sie begannen in einem deutschen Seehafen; Endpunkte waren Kiel, Bremerhaven und Genua. Alle Reisen führten auch in Häfen außerhalb des Gemeinschaftsgebiets, z.B. in Norwegen oder Marokko. Die Reisen konnten nur für die gesamte Kreuzfahrt gebucht werden; Teilstrecken mit Zu- oder Ausstiegsmöglichkeit wurden nicht angeboten.

Das Finanzamt behandelte die Umsätze gem. § 3e UStG als steuerbar und steuerpflichtig, soweit der Abgangsort des Schiffes in Deutschland und der Ankunftsort im Gemeinschaftsgebiet lag. Die Klägerin meinte, § 3e Abs. 2 UStG greife nicht ein, weil die Kreuzfahrten keine Beförderung ohne Zwischenaufenthalt außerhalb des Gemeinschaftsgebiets gewesen seien.

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH die im Leitsatz wiedergegebene Frage zur Vorabentscheidung vor.

§ 3e UStG beruht auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. RL, der (entsprechend) als Beförderung innerhalb der Gemeinschaft den Teil einer Beförderung zwischen Abgangsort und Ankunftsort des Personenbeförderungsmittels "ohne Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft" voraussetzt. Liegt ein solcher Zwischenaufenthalt vor, ist die Lieferung dort (Staatsgebiet) zu besteuern, wo der Liefergegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht ist.

Dem UStG und insbesondere der 6. RL ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob ein Zwischenaufenthalt voraussetzt, dass Reisende neu zusteigen oder das Beförderungsmittel (endgültig) verlassen können.

 

Praxishinweis

Die mit der Richtlinien-Regelung bezweckte genaue Definition des Besteuerungsorts bestimmter Umsätze an Bord eines Schiffes, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn während einer Personenbeförderung innerhalb der Gemeinschaft erscheint noch verbesserungsbedürftig. Das gilt leider auch für so "simple" Gestaltungen wie Verkäufe während einer Kreuzfahrt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 23.10.2003, V R 30/02

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