Leitsatz

  1. Der Erwerb eines Gebrauchtwagens vom Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der gezahlte Kaufpreis hinter dem nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmenden Wert des Fahrzeugs zurückbleibt. Für den danach maßgeblichen üblichen Endpreis des Fahrzeugs ist nicht auf den Händlereinkaufspreis abzustellen, sondern auf den Preis, den das Fahrzeug unter Berücksichtigung der vereinbarten Nebenleistungen auf dem Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich erzielen würde.
  2. Wird zur Bestimmung des üblichen Endpreises eine Schätzung erforderlich, kann sich die Wertermittlung an den im Rechtsverkehr anerkannten Marktübersichten für gebrauchte Pkw orientieren. Das Ergebnis dieser Schätzung ist in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar.
 

Problematik

Es geht um die Frage, wie bei dem in Unternehmen häufig anzutreffenden Fall des Erwerbs eines Gebrauchtwagens vom Arbeitgeber der für die Lohnbesteuerung maßgebende übliche Endpreis am Abgabeort zu ermitteln ist.

 

Entscheidung des BFH

Der Arbeitnehmer war bei einer Genossenschaft als Vorstandsmitglied beschäftigt. Anlässlich seines bevorstehenden Ausscheidens erwarb er von seiner Arbeitgeberin einen Pkw, den er zuvor als Dienstwagen genutzt hatte. Der Gestaltung des Kaufpreises von 13.340 DM (einschließlich Umsatzsteuer) lag eine Gebrauchtfahrzeugbewertung zugrunde, die der Arbeitnehmer 1 Monat zuvor bei dem damaligen Kfz-Lieferanten der Arbeitgeberin hatte erstellen lassen. Aus dieser Bewertung ergab sich für das betreffende Fahrzeug auf der Basis des Marktspiegels der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) ein Händlereinkaufswert von 11.700 DM zuzüglich Umsatzsteuer.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dem Arbeitnehmer sei durch den Pkw-Ankauf ein noch als Arbeitslohn zu versteuernder geldwerter Vorteil von 3.660 DM zugeflossen, da das Fahrzeug nach der sog. "Schwacke-Liste" im Veräußerungszeitpunkt einen Händlerverkaufswert von 17.000 DM einschließlich Umsatzsteuer gehabt habe. Das Finanzgericht kam nach der einschlägigen "Schwacke-Liste" für Fahrzeuge mit vergleichbarer Grundausstattung und Motorisierung und unter Berücksichtigung der vorhandenen Zusatzausrüstung und der Laufleistung sogar auf einen Händlerverkaufswert von etwa 18.700 DM.

Der BFH bestätigte im Ergebnis den Wertansatz des Finanzamts und wies darauf hin, dass sich die erforderliche Schätzung des üblichen Endpreises in Ermangelung zeitnaher Sachverständigengutachten und aussagekräftiger Kaufpreiserhebungen an den im Rechtsverkehr anerkannten Marktübersichten für den Wert gebrauchter Pkw und damit an der so genannten "Schwacke-Liste" orientieren kann. Als maßgebliche Handelsstufe für die lohnsteuerliche Wertfindung sieht das Gericht in der Regel den Endverbrauchern zugänglichen Einzelhandel. Grundsätzlich wertbestimmend ist daher der Händlerverkaufspreis und nicht etwa der Betrag, den der Händler seinerseits zum Erwerb der Ware aufbringen muss.

 

Konsequenzen für die Praxis

Bei gebrauchten Gegenständen, für die am Abgabeort neben einem gewerblichen (Einzel-)Handel auch ein Markt unter Privatleuten besteht, ist der maßgebliche Endpreis danach zu bestimmen, ob identische bzw. gleichartige Waren vom Endverbraucher üblicherweise – also in der Mehrzahl der Fälle – von privaten oder von gewerblichen Anbietern angekauft werden. Denn üblicher Endpreis im lohnsteuerlichen Sinne ist der Preis, zu dem die häufigsten Umsätze am Markt getätigt werden. Auch bei der Veräußerung gebrauchter Kfz ist mithin nicht auf den Händlereinkaufspreis abzustellen, sondern auf den Preis, den das Kfz auf dem Gebrauchtwagenmarkt – gegebenenfalls einschließlich Umsatzsteuer – erzielen würde. Auf diesen Preis kann auch der Umfang der vom Verkäufer übernommenen Nebenleistungen (etwa die Einräumung einer Garantie einerseits oder der Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen andererseits) Einfluss haben.

In der Praxis sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass von dem in der "Schwacke-Liste" angegebenen und unter Berücksichtigung von Fahrzeugausstattung und -laufleistung bemessenen Händlerverkaufspreis ein deutlicher Abschlag gemacht wird, damit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass am Abgabeort neben dem gewerblichen Gebrauchtwagenhandel auch ein nennenswerter privater Automarkt besteht, auf dem in der Regel für identische bzw. gleichartige Fahrzeuge nur ein geringerer Kaufpreis zu erzielen ist. Auch ein mit dem Arbeitgeber vereinbarter Gewährleistungsausschluss rechtfertigt einen derartigen Abschlag.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 17.6.2005, VI R 84/04, DStR 2005 S. 1437

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