Leitsätze (amtlich)

  1. Die Zuweisung der Milchreferenzmenge ist als Abspaltung der ursprünglich mit dem Grund und Boden verbundenen Befugnis zur Milcherzeugung und -vermarktung zu einem neuen Wirtschaftsgut zu verstehen. Die Milchreferenzmenge stellt keine unentgeltliche Zuwendung durch den Gesetzgeber oder die Verwaltungsbehörden dar.
  2. Der Buchwert der Milchreferenzmenge ist aus dem zum 1. Juli 1970 festgestellten Wert des Grund und Bodens abzuleiten. Er entspricht dem Wert, mit dem die Befugnis zur Milcherzeugung und -vermarktung am 1. Juli 1970 in den Grund und Boden eingeflossen ist.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist Inhaber eines milchwirtschaftlichen Betriebes. Im Streitjahr 1992 ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Durch notariellen Kaufvertrag vom 25.6.1992 verkaufte der Kläger Teilflächen seines ursprünglich rd. 64 ha großen Betriebs im Umfang von 15,57 ha nebst der zugehörigen Milchreferenzmenge für 340 000 DM. Davon entfielen 202 441 DM auf Grund und Boden und 137 559 DM auf die Milchreferenzmenge. Der nach § 55 Abs. 1 EStG als Anschaffungskosten ermittelte Wert des Grund und Bodens belief sich auf 506 342 DM. Der Kläger erklärte in seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 1992 einen Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1992/93 von 484 DM. Darin nicht enthalten war ein Verlust aus dem Verkauf der Teilflächen von 166 342 DM, den der Kläger durch Abzug ihres Buchwerts vom Gesamterlös für den Grund und Boden und die Milchreferenzmenge ermittelt und gemäß § 55 Abs. 6 Satz 1 EStG außer Ansatz gelassen hatte. Das Finanzamt meinte dagegen, dass sich aus dem Verkauf der Milchreferenzmenge ein Gewinn ergeben habe, weil es sich bei diesem Recht um ein selbstständiges, nicht entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut handle, dem keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzuordnen seien. Es erhöhte deshalb den Gewinn um 137 559 DM. Die Klage blieb erfolglos[1]. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidungsgründe

Das Nettoprinzip gebietet es, die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige im eigenen betrieblichen Interesse getragen hat, bei der Ermittlung seiner Einkünfte zu berücksichtigen. Es liegt auf der Hand, dass der doppelte Ausgangswert[2] für den am Stichtag (1.7.1970) angesetzten Grund und Boden anteilig berücksichtigt werden muss, wenn der Steuerpflichtige z.B. einen Teil seiner Flächen veräußert. Der gemäß § 55 Abs. 6 EStG nicht zu berücksichtigende Verlust kann in diesem Fall nur durch den Vergleich des Veräußerungserlöses mit dem anteiligen Buchwert der veräußerten Flächen ermittelt werden. Für das erst nach dem Stichtag (1.7.1970) entstandene Wirtschaftsgut "Milchreferenzmenge" kann nichts anderes gelten. Die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG kann nur insoweit greifen, als der zum Stichtag mit dem doppelten Ausgangswert bewertete Grund und Boden noch mit dem Wirtschaftsgut identisch ist, das i.S. von § 55 Abs. 6 EStG veräußert oder entnommen wird. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der Kläger dem Veräußerungspreis für die Milchreferenzmenge einen Teil des Pauschalwertes gegengerechnet hat, der zum 1.7.1970 noch in vollem Umfang auf das damals existierende Wirtschaftsgut Grund und Boden entfiel, sich jedoch später abspaltete. Der Zuordnung eines Teils des Buchwertes des Grund und Bodens zur Milchreferenzmenge steht insbesondere nicht entgegen, dass sich die Milchreferenzmenge als ein immaterielles Wirtschaftsgut infolge einer hoheitlichen Maßnahme entwickelt hat, d.h. nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts war. Die Zuweisung einer Milchreferenzmenge stellt keine unentgeltliche Zuwendung eines bis dahin im Betrieb nicht vorhandenen Wirtschaftsgutes durch den Gesetzgeber oder die Verwaltungsbehörde dar.

Der Vorgang der Verselbstständigung der Milchreferenzmenge vom Grund und Boden ist einem allgemeinen, dem Begriff der Anschaffungskosten[3] immanenten Surrogationsgedanken folgend in der Weise zu behandeln, dass sich die auf den ursprünglich angeschafften Vermögensgegenstand "Grund und Boden" entfallenden Anschaffungskosten teilweise in dem abgespalteten Vermögensgegenstand "Milchreferenzmenge" fortsetzen[4].

Nur die Einbeziehung des auf die Milchreferenzmenge entfallenden Teils des Veräußerungspreises in die Gewinnermittlung gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 EStG entspricht dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften. Die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG ist lediglich eine konsequente Ergänzung zur pauschalen Wertermittlung des Grund und Bodens nach § 55 Abs. 1 EStG[5]. Sie soll verhindern, dass es zur Berücksichtigung von Verlusten kommt, die sich allein deshalb ergeben, weil der Teilwert des Grund und Bodens nicht konkret, sondern pauschal ermittelt und deshalb zu hoch angesetzt worden ist. Verhindert werden soll also allein der Ansatz von Buchverlusten, d.h. von Verlusten, die nicht auf eine tatsächliche Vermögenseinbuße zurückgehen[6]. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es aber...

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