Leitsatz

  1. Konzerte i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1993 sind Aufführungen von Musikstücken, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden. Hingegen ist das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert.
  2. Bei Musik, die durch Verfremden und Mischen bestehender Musik entsteht, können Plattenteller, Mischpulte und CD-Player "Instrumente" sein, wenn sie (wie konventionelle Musikinstrumente) zum Vortrag eines Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden.
  3. Eine "Techno"-Veranstaltung kann ein Konzert i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1993 sein.
 

Sachverhalt

Der Kläger richtet seit dem Streitjahr 1997 jährlich eine Veranstaltung aus, auf der aktuelle Stars der "Techno- und Housemusik-Szene" auftreten. Im Streitjahr wurden drei Hallen unterschiedlicher Größe mit jeweils zwei Auftrittsmöglichkeiten für die Künstler genutzt. Die Musik wurde teilweise parallel in verschiedene Hallen übertragen. Ca. 50 Künstler traten auf. Dabei handelte es sich zum größten Teil um DJs, die mittels Plattentellern bzw. -spielern und "DJ-CD-Playern" sog. "Tracks" (Musikstücke) von bereits vorhandenen Tonträgern einspielten und mit Hilfe von Mischpulten individuell u.a. in Tonhöhe und Geschwindigkeit, durch Ineinanderreihen, Ein- und Ausblenden oder Beifügen von verschiedenen Effekten, z.B. Hall und Echo, mixten. Die Auftritte der DJs dauerten jeweils ca. 1,5 Stunden. Daneben traten "Live-Acts" auf, bei denen Musikinstrumente gespielt und teilweise auch gesungen wurde. Diese Auftritte dauerten jeweils ca. 30 Minuten.

Der Kläger erklärte die Umsätze bei der Veranstaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1993 mit dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt unterwarf sie dem allgemeinen Steuersatz. Die Veranstaltung sei weder nach der Intention der Veranstalter noch nach der tatsächlichen Abfolge ein reines Hörkonzert, sondern eine Tanzveranstaltung mit Partycharakter. Das FG gab der Klage statt. Dagegen legte das Finanzamt – erfolglos – Revision ein.

 

Entscheidung

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1993 ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Leistungen der Orchester, Kammermusikensembles und Chöre sowie die Veranstaltung von Konzerten durch andere Unternehmer. Zum Konzertbegriff, der im Streitfall als erfüllt angesehen wurde, führt der BFH aus, dass der dabei eingesetzte Begriff "Instrument" angesichts der technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Musik einer Präzisierung bedarf. Um den Wettbewerb zwischen neuen und bestehenden Musiktechniken und -richtungen umsatzsteuerrechtlich nicht zu behindern, können bei Musik, die in wesentlichen Teilen durch Verfremden und Mischen bestehender Musik komponiert wird, Plattenteller, Mischpulte und CD-Player "Instrumente" sein, mit denen die Musik im Rahmen eines Konzerts dargeboten wird, wenn sie wie konventionelle Instrumente zum Vortrag des Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden. Dass es sich dabei nicht um Musikinstrumente im üblichen Sinne handelt, ist unerheblich.

Die Beurteilung durch das FG ist auch konform im Hinblick auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-Richtlinie. Nach der Bestimmung dürfen die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H genannten Kategorien einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Anhang H Nr. 7 der Richtlinie 77/388/EWG betrifft die "Eintrittsberechtigung für … Konzerte …". Dabei müssen die Mitgliedstaaten den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten, der verbietet, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Umsatzsteuer unterschiedlich zu behandeln. So liegt es im Streitfall: Auf Techno-Konzerte ist derselbe Steuersatz anzuwenden wie auf andere Konzerte; die andere Musiktechnik rechtfertigt keine Differenzierung beim Steuersatz.

 

Praxishinweis

Die Finanzverwaltung war vom "klassischen" Konzertbegriff ausgegangen. Die Veranstaltung sei kein Konzert i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1993, da bei den dargebrachten Musikstücken im Techno- und Housestil weitaus überwiegend weder Instrumente noch menschliche Stimmen eingesetzt würden. Die Auftritte der DJs überstiegen mengenmäßig bei weitem die anderen Auftritte, bei denen zusätzlich ein Musikinstrument oder die menschliche Stimme eingesetzt wurde, und gäben der Veranstaltung insoweit den Charakter bzw. das Gepräge. Darüber hinaus seien die Musikvorführungen der DJs nicht der eigentliche Zweck der Veranstaltung. Die visuellen Vorführungen und das Tanzen sowie die Möglichkeiten zur Kommunikation stünden diesen mindestens gleichwertig gegenüber.

Diese Differenzierungen sind – umsatzsteuerrechtlich – zu eng. Als Konzert scheidet wohl nur noch das Abspielen von Tonträgern – gleich welcher Art – aus, was angesichts der eingebürgerten "Wunschkonzerte" der Rundfunkanstalten auf den ersten Blick irritieren mag.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 18.8.2005, V R 50/04

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