Leitsatz

  1. Die entgeltliche Überlassung von urheberrechtlich geschützten Computerprogrammen unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993 dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte dem Leistungsempfänger die in § 69c UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht nur als Nebenfolge einräumt.
  2. Bei der Prüfung, ob die in § 69c UrhG bezeichneten Rechte nicht nur als Nebenfolge eingeräumt worden sind, ist von den vertraglichen Vereinbarungen und den tatsächlichen Leistungen auszugehen. Ergänzend ist auf objektive Beweisanzeichen (z.B. die Tätigkeit des Leistungsempfängers, die vorhandenen Vertriebsvorbereitungen und Vertriebswege, die wirkliche Durchführung der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Vereinbarungen über die Bemessung und Aufteilung des Entgelts) abzustellen.
 

Sachverhalt

Eine GmbH entwickelte, vertrieb und wartete Versicherungs-Softwaresysteme vornehmlich für die V-AG, eine Versicherungsgesellschaft. Diese gehörte in den Streitjahren 1997 und 1998 zunächst dem V-Konzern, seit Januar 1998 der durch Verschmelzung der V-Holding AG mit der Y-AG entstandenen Z-AG an.

Seit 1993 wurden sämtliche Gesellschaften des V-Konzerns und deren Funktionsbereiche in einem integrierten Softwaresystem verwaltet. Die V-AG räumte der GmbH 1995 die Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Softwaresystem ein, um sich ihre Mitwirkung bei Weiterentwicklung und -vertrieb des Softwaresystems zu sichern. Anschließend beauftragte sie die GmbH mit dem Ausbau und der Erweiterung des Softwaresystems für alle Gesellschaften und Funktionsbereiche sowie für alle Versicherungszweige des V-Konzerns in den Bereichen Inkasso, Nebenbuchhaltung und Provisionsbearbeitung. Die Vergütung der GmbH erfolgte nach vereinbarten Stundensätzen. Die Erweiterungen sollten weitestgehend von der Struktur der anwendenden Gesellschaften und der Organisation ihrer Arbeitsabläufe unabhängig sein.

Der V-AG erhielt mit der Abnahme das unwiderrufliche, unbeschränkte und ausschließliche sowie übertragbare Recht, die im Rahmen des Vertrags erbrachten Leistungen auf sämtliche Arten zu nutzen. Zur Ausübung dieser Eigentums- und Nutzungsrechte übergab die GmbH der V-AG alle einschlägigen Unterlagen, insbesondere den dem System zugrundeliegenden Quellcode.

Die V-AG nutzte das Softwaresystem einschließlich der Weiterentwicklungen der GmbH nicht nur in ihrem Unternehmen, sondern überließ es auch vier weiteren, rechtlich selbständigen Versicherungsgesellschaften des V-Konzerns zur Nutzung. Das zentrale Inkasso wurde zwischenzeitlich im Rahmen der Z-AG zur Nutzung lizenziert und nach und nach auch bei den Gesellschaften des früheren Y-Konzerns eingeführt. Die V-AG hatte die Software darüber hinaus – erfolglos – 14 weiteren, konzernfremden Versicherungen angeboten.

Die GmbH erklärte die Umsätze aus der Softwareentwicklung und -überlassung an die V-AG mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1993. Das Finanzamt wandte dagegen den allgemeinen Steuersatz an, weil Schwerpunkt der Leistung der GmbH die Überlassung der Software zur Nutzung im eigenen Unternehmen der V-AG sei. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, die Einräumung der urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software sei leistungsbestimmend und der wirtschaftliche Gehalt des Umsatzes sei hauptsächlich auf die Verbreitung der Software-Weiterentwicklungen gerichtet gewesen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG nach den in den Leitsätzen wiedergegebenen Grundsätzen. Die Würdigung des FG, im Streitfall habe der Erwerb der Urheberrechte der GmbH durch die V-AG die Leistung bestimmt, war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei knüpfte der BFH an seine neuere Rechtsprechung[1] an.

Der Einwand des Finanzamts, die Verwendung der Software in der Datenverarbeitung der Gesellschaften des V-Konzerns sei dem Geschäftsbetrieb der V-AG zuzurechnen und die Weitergabe der Software innerhalb des Konzerns sei nicht auf eine Verbreitung der Urheberrechte außerhalb der eigenen Betriebssphäre gerichtet, griff schon deshalb nicht, weil die V-AG die Software auch 14 konzernfremden Unternehmen gegen Entgelt angeboten hatte. Dies allein trägt schon die tatsächliche Würdigung des FG. Für das Verbreiten reicht bereits ein Angebot aus; es kommt nicht darauf an, ob das Anbieten erfolgreich war oder erfolglos geblieben ist[2].

Der Beurteilung des FG steht Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie nicht entgegen. Nach der Vorschrift dürfen die Mitgliedstaaten unter weiteren, im Streitfall vorliegenden Voraussetzungen auf die in Anhang H genannten Kategorien einen ermäßigten Steuersatz anwenden; hier: "Werke … von Schriftstellern … sowie deren Urheberrechte". Die Frage, ob die in § 69c UrhG genannten Rechte an einem Computerprogramm wie "Urheberrechte" an einem Werk eines "Schriftstellers" i.S. des Anhangs H Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie zu beurteilen sind, konnte aber offen bleiben, weil jedenfalls das für d...

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