Leitsätze (amtlich)

  1. Eine bei unberechtigtem Steuerausweis in einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 3 UStG entstandene Steuer ist nach § 227 AO 1977 (zwingend) wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, soweit der von dem Rechnungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig gemacht und der entsprechende Betrag an den Fiskus tatsächlich zurückgezahlt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 61/97, INF 2001, S. 477).
  2. Der Gesichtspunkt der Erlassunwürdigkeit des Steuerpflichtigen spielt insoweit keine Rolle. Er kann nur bei der Prüfung eines Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen Bedeutung haben.
 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb bis 1996 den An- und Verkauf von Containern. Er erteilte in den Jahren 1989 bis 1994 (Streitjahre) an verschiedene Unternehmen Gefälligkeitsrechnungen mit darin unberechtigt ausgewiesener und nicht angemeldeter Umsatzsteuer von insgesamt 1 019 643 DM. Aus der vom Finanzamt gemäß § 14 Abs. 3 UStG festgesetzten USt-Schuld für die betreffenden Gefälligkeitsrechnungen verblieb nach Verrechnung mit anderen Steuererstattungsansprüchen eine USt-Zahllast von 846 185 DM. Für diesen Betrag und die darauf entfallenden Nebenleistungen beantragte der Kläger Erlass aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen, den das Finanzamt ablehnte. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Es liegt ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, auf dem die Vorentscheidung beruhen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats sind gemäß § 14 Abs. 3 UStG entstandene Umsatzsteuern nach § 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, soweit der von den einzelnen Rechnungsempfängern in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig gemacht worden ist und die entsprechenden Beträge an den Fiskus tatsächlich zurückgezahlt worden sind[1]. Ob diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben sind, hat das FG entgegen seiner Pflicht zur Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 FGO nicht hinreichend aufgeklärt. Dies hat der Kläger entsprechend den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO im Einzelnen zutreffend in der Beschwerdebegründung dargelegt. Da das FG festgestellt hatte, dass ein Großteil der von den Rechnungsempfängern geltend gemachten Vorsteuerbeträge zurückgezahlt worden war, durfte es den Fortbestand einer Gefährdungslage nicht ohne weiteres mit der Begründung bejahen, die entsprechenden Vorsteuerrückforderungsbescheide seien noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig. Die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge durch die Rechnungsempfänger spricht vielmehr dafür, dass sich die Einsprüche nicht gegen die Rückforderung der Vorsteuerbeträge aus den Gefälligkeitsrechnungen des Klägers, sondern gegen andere Punkte richten. Jedenfalls hätte der Sachverhalt in dieser Richtung weiter aufgeklärt werden müssen.

Soweit das FG einen - auch teilweisen -Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen deshalb verneint hat, weil der Kläger nicht erlasswürdig sei, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts gegen den Kläger, die für eine Erlasswürdigkeit sprechen, bislang nicht berücksichtigt worden sind. Überdies könnte eine etwaige Erlassunwürdigkeit des Klägers nur einem Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen entgegenstehen. Bei der Prüfung, ob ein Erlass aus sachlichen Gründen (wegen rechtzeitiger und vollständiger Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens) geboten ist, spielt dieser Gesichtspunkt dagegen keine Rolle[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 25.4.2002 – V B 73/01

[1] Vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 61/97, INF 2001, S. 477
[2] Vgl. ebenda

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