Beschränkte Verfügungsmacht

Der Vorerbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers und bis zum Eintritt der Nacherbschaft Eigentümer der Nachlassgegenstände. Er kann über sie aber nur beschränkt verfügen. Der Nacherbe ist ebenso Erbe und Rechtsnachfolger des (ersten) Erben (§ 2100 BGB).

Erbschaftsteuer

Der Vorerbe gilt steuerlich als Erbe.[1] Tritt die Nacherbfolge ein, haben die Nacherben das auf sie übergegangene Vermögen als vom Vorerben erworben zu versteuern. Die Nacherben können beantragen, dass der Erwerb nach ihren persönlichen Verhältnissen zum Erblasser besteuert wird.

Wenn in diesem Fall auch eigenes Vermögen des Vorerben an den Nacherben übergeht, sind die Erwerbe hinsichtlich der anzuwendenden Steuerklasse getrennt zu behandeln. Ein persönlicher Freibetrag kann nur insoweit abgezogen werden, soweit er für das Nacherbe-Vermögen noch nicht verbraucht ist. Es ist auf die beiden Erwerbe der Steuersatz anzuwenden, der für den Gesamterwerb gelten würde.

 

Vor- und Nacherbschaft bei der Erbschaftsteuer

Verfügungsbeschränkungen unbeachtlich

Fall a)

Im Gegensatz zum BGB gilt der Vorerbe erbschaftsteuerrechtlich als unbeschränkter Erbe. Verfügungsbeschränkungen, denen der Vorerbe unterworfen ist (§ 2113 BGB), sind unbeachtlich. Tritt Nacherbfolge ein, ändert dies an der Besteuerung des Erwerbs durch den Vorerben nichts.

Abweichung vom BGB

Fall aa)

Geht das Vermögen durch Tod des Vorerben auf den Nacherben über, hat dieser den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern.

Fall ab)

Tritt die Nacherbfolge nicht durch Tod, sondern durch Zeitablauf oder ein Ereignis ein (z. B. Wiederverheiratung des als Vorerben eingesetzten Ehegatten, Volljährigkeit des Kindes), gilt die Vorerbfolge als auflösend bedingter Anfall. Der Nacherbe muss hier den Erwerb nach dem Verwandschaftsverhältnis zum Erblasser versteuern. Die vom Vorerben gezahlte Steuer wird bei der Steuerfestsetzung des Nacherben angerechnet, soweit sie nicht der tatsächlichen Bereicherung des Vorerben entspricht.

Schenkung

Fall ac)

Gibt der Vorerbe vor Eintritt der Nacherbfolge das Vorerbschaftsvermögen unentgeltlich an den Nacherben, liegt beim Nacherben eine Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG vor. Dieser kann beantragen, die Steuer nach dem günstigeren Verhältnis zum Erblasser zu berechnen.

Fall ba)

Das Entgelt, das der Nacherbe erhält, gilt als vom Erblasser zugewendet (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG). Der Erwerb wird nach dem Verhältnis zum Erblasser besteuert.

Abziehbare Kosten

Beim späteren Eintritt des Nacherbfalls ist die Übernahme des Anwartschaftsrechts steuerpflichtig und nach dem Verhältnis zum Erblasser zu besteuern. Dabei kann das für das Anwartschaftsrecht gezahlte Entgelt als Kosten zur Erlangung des Erwerbs abgezogen werden (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG).

Verzicht ist keine Schenkung

Fall bc)

Verzichtet der Nacherbe zu Lebzeiten des Vorerben auf das Anwartschaftsrecht, liegt keine Schenkung des Nacherben an den Vorerben vor.

Vererbung der Anwartschaft

Fall bd)

Das Anwartschaftsrecht ist regelmäßig veräußerlich und vererblich. Stirbt der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls und geht das Anwartschaftsrecht auf seine Erben über, gehört es nach § 10 Abs. 4 ErbStG nicht zum Nachlass des Erben. Erst mit dem Tod des Vorerben tritt beim Erben des Nacherben ein steuerpflichtiger Erwerb ein.

 
Wichtig

Steuernachteile bedenken!

Erbschaftsteuerrechtlich ist die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft nachteilig. Sie führt zu zweimaliger Besteuerung mit progressionssteigernder Wirkung beim Nacherben.

 
Praxis-Tipp

Nießbrauchsvermächtnis überlegen

Zur Erbschaftsteuer-Optimierung sollte anstelle der Vorerbschaft/Nacherbschaft die Verfügung eines Nießbrauchsvermächtnisses bevorzugt werden. Das Vermögen geht dabei nacheinander über. Progressionsnachteile können somit vermieden werden.

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