Leitsatz

Veräußert ein i.S.d. § 17 EStG qualifiziert beteiligter Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, die er zuvor aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt hat, tritt der Teilwert oder der gemeine Wert dieser Anteile nur dann an die Stelle der historischen Anschaffungskosten, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können.

 

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger war unmittelbar und mittelbar zu 26,74 % an einer GmbH beteiligt. Am 13.6.1980 entnahm er seine Beteiligung an der GmbH aus seinem Sonderbetriebsvermögen bei einer KG in sein Privatvermögen. Der Teilwert der GmbH-Anteile betrug 1215270 EUR. Ein Entnahmegewinn (1215270 EUR ./. Nominalwert 7000 EUR) wurde wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft des Feststellungsbescheids der KG für das Jahr 1980 steuerlich nicht erfasst. Am 1.9.1985 veräußerte der Steuerpflichtige seine unmittelbare Beteiligung an der GmbH (17,284 %, Nominalwert 7000 EUR) für 1,5 Mio. EUR. Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1985 einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG von 1493000 EUR (1,5 Mio. EUR Veräußerungspreis abzüglich Nominalwert der Anteile von 7000 EUR).

Der BFH gibt dem Finanzamt Recht. Der Gewinn ist nach § 17 Abs. 2 EStG mit 1493000 EUR der Betrag, um den der Veräußerungspreis von 1,5 Mio. EUR den – als "historische" Anschaffungskosten anzusetzenden – Nominalwert der Anteile von 7000 EUR(Nennkapital) übersteigt. Überführt der Steuerpflichtige Anteile an einer Kapitalgesellschaft aus seinem Betriebs- in sein Privatvermögen, erwirbt er sie mangels Rechtsträgerwechsels nicht und schafft sie deshalb auch nicht nach § 255 Abs. 1 HGB an. Dieser Vorgang erfüllt mithin nicht das Tatbestandsmerkmal "Anschaffungskosten" in § 17 Abs. 2 EStG. Allerdings wird die Entnahme der Anteile aus dem Betriebsvermögen als anschaffungsähnlicher Vorgang mit der Folge angesehen, dass an die Stelle der "historischen" Anschaffungskosten der Entnahmewert tritt. Dies gilt aber nur, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 13.4.2010, IX R 22/09.

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