Leitsatz (amtlich)

Erhält ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, erwirbt er nur einen Anteil i. S. des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich. Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht ihm daher nur anteilig zu. Für die Berechnung des entgeltlichen Teils des Erwerbs kommt es ausschließlich auf das Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Verkehrswert der Wohnung an. Weder der Wert, mit dem der Miterbe an den - den übrigen Miterben aufgrund der Erbauseinandersetzung zugeteilten - Wirtschaftsgütern des Nachlasses beteiligt war, noch die später für die Wohnung aufgewendeten Herstellungskosten sind in die Vergleichsberechnung einzubeziehen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin und ihre Schwester waren je zur Hälfte Miterbinnen nach ihrer 1988 verstorbenen Mutter. Zu deren Nachlass gehörten drei Immobilien. Durch notariellen Teilauseinandersetzungsvertrag vom 4.2.1989 wurden - entsprechend der testamentarischen Anordnung der Mutter - ein Einfamilienhaus (Wert: 500000 DM) auf die Klägerin und die beiden übrigen Objekte (Gesamtwert: 300558,24 DM) auf deren Schwester übertragen. Die Hälfte des Mehrerwerbs (99 720,88 DM) hatte die Klägerin an ihre Schwester als Ausgleich zu zahlen. Durch notariellen Überlassungsvertrag vom 16.3.1989 übertrug die Klägerin das Eigentum an dem Einfamilienhaus mit Wirkung vom 1.1.1989 zur ideellen Hälfte unentgeltlich auf den Kläger, ihren Ehemann. Die Kläger bauten das Gebäude für ca. 368000 DM um und renovierten es umfassend. Vom 12.7.1990 an nutzten sie es zu eigenen Wohnzwecken. In der ESt-Erklärung 1989 machten die Kläger Vorkosten[1] von 98 123 DM, in der ESt-Erklärung 1990 von 33 018 DM und einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG von 15 000 DM geltend. Das Finanzamt ließ die Vorkosten lediglich zu 19,94 % zum Abzug zu und berücksichtigte den Abzugshöchstbetrag von 15 000 DM ebenfalls nur mit 19,94%. Klage und Revision der Kläger blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Erwirbt ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, sind die dafür geleisteten Ausgleichszahlungen an die Miterben Anschaffungskosten und als solche nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigt. Da die Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs durch Realteilung und die Abfindungsvereinbarung nicht auf einem einheitlichen Rechtsvorgang beruhen und die aufgrund der Erbauseinandersetzungsvereinbarung zu leistende Abfindung nur für das bezahlt wird, was der Miterbe mehr erhält, als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht, erwirbt er aufgrund der Erbauseinandersetzung nur einen Anteil an der Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich[2]. Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG steht ihm daher gemäß § 10eAbs. 1 Satz 6 EStG nur anteilig im Umfang des entgeltlichen Erwerbs zu.

Diesen Anteil hat das FG zutreffend mit 19,94% ermittelt. Das von der Mutter hinterlassene Grundvermögen hatte einen Gesamtwert von 800558,24 DM. Wertmäßig standen der Klägerin aufgrund ihres hälftigen Erbanteils 400279,12 DM zu. Da der Wert des ihr in der Teilauseinandersetzung übertragenen Grundstücks von 500 000 DM um 99 720,88 DM höher war als der ihr zustehende Erbanteil von 400 279,12 DM, hatte sie in Höhe dieses Betrages an ihre Schwester einen Ausgleich zu zahlen. Insoweit liegen Anschaffungskosten und damit ein entgeltlicher Erwerb eines Grundstücksanteils vor. Der Ausgleichsbetrag entspricht 19,94% des Grundstückswerts. Folglich hat die Klägerin einen Grundstücksanteil von 19,94% entgeltlich von der Schwester und einen Grundstücksanteil von 80,06 % unentgeltlich aufgrund der Erbfolge erworben.

Die - grundsätzlich zur Bemessungsgrundlage der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG gehörenden - anschaffungsnahen Herstellungskosten sind bei der Ermittlung des entgeltlichen Teils des Grundstückserwerbs ebenfalls nicht einzubeziehen. Da ein entgeltlicher Erwerb nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH nur insoweit vorliegt, als der Miterbe einen Ausgleich an die anderen Miterben zu zahlen hat für das, was er mehr erhält, als ihm nach seinem Erbanteil zusteht, kommt es für die Berechnung des entgeltlichen Teils des Erwerbs ausschließlich auf das Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Verkehrswert des Grundstücks an. Später auf das Grundstück aufgewendete Herstellungskosten bleiben außer Betracht.

Der Abzugshöchstbetrag steht der Klägerin auch nicht aufgrund ihres Alleineigentums zu. Der unentgeltlich und der entgeltlich erworbene Anteil bleiben steuerrechtlich selbstständige Objekte, auch wenn der Miterbe zivilrechtlich nach der Erbauseinandersetzung Alleineigentümer der Wohnung geworden ist. Denn mehrere Anteile an einer nach § 10e EStG begünstigten Wohnung werden nur dann als einheitliches Objekt behandelt, wenn der Steuerpflichtige die Anteile bis zum Ende des ersten Jahres des Abzugszeitraums angeschafft, also entgeltlich erworben hat[3].

Die Umbauaufwendungen sind auch nicht selbstständig nach § 10e Abs....

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